Handball:Novum besiegelt

Der THW Kiel scheidet im Champions-League-Viertelfinale gegen Barcelona aus und sorgt damit für eine Premiere: Die Endrunde der besten vier Klubs in Köln findet erstmals ohne einen deutschen Teilnehmer statt.

Wie geprügelte Hunde schlichen die Handballer des THW Kiel vom Parkett des Palau Blaugrana. 18:23 (9:13) hatte der deutsche Rekordmeister das Viertelfinal-Rückspiel in der Champions League beim FC Barcelona verloren und damit ein Novum besiegelt: Bei dem seit 2010 ausgetragenen Final Four in Köln (3./4. Juni) wird zum ersten Mal kein deutscher Klub dabei sein. Das ist besonders bitter für den dreimaligen Champions-League-Gewinner Kiel, denn der war seit 2012 Stammgast in der Domstadt. In Köln sind nun neben dem FC Barcelona noch Paris St. Germain mit Nationalmannschaftskapitän Uwe Gensheimer sowie Vorjahresfinalist MKB Veszprem aus Ungarn und der mazedonische Meister Skopje dabei.

Zumindest im EHF-Cup stehen drei Bundesligisten im Final Four

Für Kiel erwies sich der 28:26-Sieg im Hinspiel als zu wenig: "Es war ein enges Spiel, und meine Mannschaft hat super gekämpft", fand THW-Coach Alfred Gislason, "allerdings haben wir viel zu viel verworfen." 18 Fehlwürfe und neun technische Fehler seien "gegen diesen Gegner zu viel". Weiteres Manko: "Leider hatten wir heute niemanden mit der Weltklasse-Leistung, die es hier braucht", sagte Gislason. Den hatte Barcelona in Keeper Gonzalo Perez de Vargas; der brachte die Kieler mit 23 Paraden fast um den Verstand.

Vor dem THW war bereits die SG Flensburg-Handewitt in Skopje gescheitert - und am Montag folgte für den Bundesliga-Zweiten eine weitere bittere Nachricht: Beim Ligasieg gegen Leipzig zog sich Leistungsträger Holger Glandorf einen Daumenbruch zu, der 34-Jährige wird laut SG-Angaben "mehrere Monate" ausfallen. Die mäßige deutsche Champions-League-Bilanz verdeutlicht eine Verschiebung der Machtverhältnisse im europäischen Klub-Handball. Die Gründe sind vielschichtig. Da ist zum einen die hohe Belastung der Spieler in der leistungsstarken Bundesliga. In Ungarn, Polen, Spanien oder Frankreich fällt das Niveau hinter den wenigen Spitzenteams deutlich ab. Zudem wird inzwischen auch dort viel Geld in die Topklubs gepumpt, was immer mehr Spitzenspieler anlockt. Filip Jicha beispielsweise war vor zwei Jahren von Kiel nach Barcelona gewechselt. "Es tut mir im Herzen leid", sagte der Tscheche nachdem er seinen Ex-Klub aus dem Rennen geworfen hatte. Geschäftsführer Thorsten Storm sieht seinen THW Kiel dennoch gut aufgestellt: "Wir haben mit dem Pokalsieg einen Titel geholt, und auch dieses Spiel wird unseren jungen Spielern weiterhelfen."

Angesichts des Champions-League-Aus ist das klare deutsche Übergewicht im Final Four des EHF-Cups kein großer Trost. Neben Gastgeber und Titelverteidiger Frisch Auf Göppingen qualifizierten sich am Wochenende auch die Füchse Berlin, die Cupgewinner von 2015 und aktuellen Vereinsweltmeister, sowie der SC Magdeburg für das Endturnier des zweitwichtigsten europäischen Wettbewerbs am 20. und 21. Mai. Die MT Melsungen scheiterte dagegen an St. Raphael/Frankreich, wodurch das erste komplett deutsche Halbfinale in diesem Wettbewerb gerade noch verhindert wurde. Die Auslosung der Halbfinal-Paarungen findet am Dienstag im Göppinger Rathaus statt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: