Handball:Gerücht vom Abschied des Erfolgstrainers

Norwegen - Deutschland

Bleibt er oder geht er? Dagur Sigurðsson.

(Foto: dpa)

Im deutschen Handball läuft es gut wie lange nicht mehr - doch plötzlich denkt Bundestrainer Dagur Sigurðsson ans Aufhören. Gerät nun alles wieder aus den Fugen?

Kommentar von Joachim Mölter

Gerade als man dachte, es sei endlich Ruhe eingekehrt im Deutschen Handballbund (DHB), als seien die Führungskrisen der vergangenen Jahre bewältigt, sportliche Tiefs überwunden und generell alles wieder in Erfolg versprechende Spuren gelenkt, hat eine Botschaft die vielen Anhänger des zweitliebsten Mannschaftssports der Deutschen erschreckt: Dagur Sigurdsson will nicht über den Sommer 2017 hinaus Männer-Bundestrainer bleiben. Der Isländer, dem der sportliche Aufschwung mit EM-Titel und Olympiabronze in diesem Jahr zu verdanken ist, denkt an einen vorzeitigen Abschied - vor der Vollendung seines Werkes.

Das war ursprünglich für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio geplant und sollte dort mit dem Goldmedaillen-Gewinn gekrönt werden. Von dieser Vorgabe rücken sie beim DHB jetzt nicht ab. "Das Ziel Olympiasieg 2020 ist unumstößlich und wird erreicht", bekräftigte der Vizepräsident Bob Hanning. Das klingt trotzig angesichts des Umstands, dass da doch schon wieder ein neuer Krisenherd glimmt. Den nicht aufflammen zu lassen, die entstandene Unruhe einzudämmen, ist nun die dringlichste Aufgabe der DHB-Funktionäre. Noch im November soll klar sein, wie es weitergeht - ob mit oder ohne Sigurdsson.

Sigurdsson geht es nicht nur ums Geld

Weil der sich nicht umgehend geäußert hat zu seinen Motiven und Überlegungen, wird ja nun munter spekuliert. Dabei ist es müßig über seine möglichen Motive zu murren, ihm Treulosigkeit vorzuwerfen. Der DHB hat sich bei dem Engagement ja auch die Möglichkeit offen gehalten, den Kontrakt im Misserfolgsfall vorzeitig zu beenden. Nun hat Sigurdsson mit seinen Erfolgen aber dummerweise Begehrlichkeiten geweckt und sich lukrative Angebote eingehandelt. Von Nationalverbänden wie Katar und Spitzenklubs wie Paris St. Germain ist die Rede; Orte, an denen äußerst potente Geldgeber das Sagen haben. So reizvoll die sportliche Perspektive beim DHB auch sein mag mit der Heim-WM 2019 als Zwischenstation auf dem Weg zum angestrebten Olympiasieg: Die Aussicht, anderswo binnen kurzer Zeit für den Rest seines Lebens auszusorgen, ist auch nicht zu verachten. Vor allem nicht im kurzlebigen Beruf eines Trainers; und schon gar nicht, wenn man familiäre Aspekte bedenkt, wie sie Sigurdsson bei seinen Überlegungen angeblich auch berücksichtigt. Für den DHB wird die aktuell entfachte Debatte um den Bundestrainer nun zum Härtetest: Ist das Gebilde der Männer-Nationalmannschaft im Ernstfall auch ohne seinen Konstrukteur noch stabil genug, um in der Erfolgsspur zu bleiben? Um die Folgen seiner Erfolge ist der Handballbund derzeit jedenfalls nicht uneingeschränkt zu beneiden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: