Handball:Es knistert schon

Handball Frauen: Deutschland - Island

Die deutsche Handball-Nationalmannschaft der Frauen.

(Foto: dpa)

Die deutschen Frauen üben gegen die Slowakei und Island noch zweimal erfolgreich für ihre Heim-WM. Dem Bundestrainer Michael Biegler steht nun die schwierigste Aufgabe bevor: Er muss seinen Kader von 28 auf 16 Spielerinnen reduzieren.

Von Ulrich Hartmann, Bratislava/Dresden

Stundenlange, teils nächtliche Bustouren durch halb Europa sind selbst für hart gesottene Globetrotter kein Grund zum Überschwang. Die deutschen Handballerinnen jedoch haben diese Strapaze klaglos auf sich genommen und das letzte Wochenende vor dem Beginn der Heim-Weltmeisterschaft am kommenden Freitag zu zwei gelungenen Generalproben genutzt - die erste am Freitagabend in Bratislava gegen die Slowakei (23:22) und die zweite keine 24 Stunden später in Dresden gegen Island (32:19). "Es knistert schon", sagt Spielführerin Anna Loerper. Die Vorfreude ist gewaltig.

Die WM mit den deutschen Gruppenspielen in Leipzig ist für die Spielerinnen nicht nur ein Karriere-Höhepunkt, sondern könnte für einige auch zum Abschluss im Nationalteam werden. 20 Jahre nach dem Bronze-Gewinn bei der Heim-WM 1997 und zehn Jahre nach dem Bronze-Gewinn bei der WM 2007 in Frankreich soll erneut Edelmetall bei einem globalen Turnier herausspringen. "Würde ja passen", sagt Loerper angesichts des Zehn-Jahres-Rhythmus.

Der anschließende Abschied des Bundestrainers Michael Biegler steht schon fest, ebenso wie jener von Spielmacherin Kerstin Wohlbold. Darüber hinaus könnte es unter dem künftigen Bundestrainer, dem Niederländer Henk Groener, zu einem größeren Generationswechsel kommen. Zehn der momentan 28 im erweiterten WM-Kader befindlichen Spielerinnen sind älter als 30. Das sollte dem Team in den Gruppenspielen gegen Kamerun, Südkorea, Serbien, China und den WM-Zweiten Niederlande freilich auch die nötige Erfahrung verleihen. Bei der EM 2016 in Schweden hatte die erstmals unter Biegler aufspielende Mannschaft nur um ein Tor das Halbfinale verpasst und nach vielen Jahren enttäuschender Ergebnisse verdeutlicht, dass die von vornherein auf 20 Monate limitierte Zusammenarbeit mit dem Coach höchst erfreulich ausfällt. Das war auch deshalb eine Überraschung, weil Biegler zuvor ausschließlich bei den Männern tätig gewesen war.

Biegler muss seine Auswahl noch um zwölf Spielerinnen reduzieren

Der bisweilen kauzig auftretende 56-Jährige ist stets voller Anerkennung für die leidenschaftlich kooperierenden Handballerinnen und lobte sie folglich auch diesmal für die Erfolge in den beiden Testspielen. "Angesichts der Belastung haben sie es überragend gelöst", schwärmte Biegler. Er wird seine Spielerinnen in den nächsten Tagen aber nicht in Watte packen, "denn wir wissen, dass wir noch an jedem Baustein arbeiten und in Allem noch konstanter werden müssen". Bis Donnerstagabend muss der am 1. Januar zum Bundesligisten SC DHfK Leipzig wechselnde Trainer seinen derzeitigen Kader auf 16 Spielerinnen reduzieren. Das ist eine komplexe Herausforderung angesichts diverser kleinerer Wehwehchen bei einigen Spielerinnen.

Erklärtes Ziel von Mannschaft und Verband ist das Halbfinale in Hamburg, auf dem Weg dorthin wäre das Achtelfinale in Magdeburg sowie das Viertelfinale in Leipzig zu bewältigen. Dass alle Spiele beim Spartensender Sport1 sowie die Partien am Schluss-Wochenende womöglich sogar öffentlich-rechtlich übertragen werden, wertet Sportdirektor Wolfgang Sommerfeld als großen Erfolg. Anfang des Jahres waren WM-Spiele der deutschen Männer bekanntlich nur im Internet auf einer Sponsorenseite gezeigt worden.

Sommerfeld beendet genau wie Trainer Biegler seine offizielle Tätigkeit mit dieser Heim-WM, bleibt aber freiwillig noch bis Juni 2018 bei der Mannschaft, um einen nahtlosen Übergang zu gewährleisten. "Unser Ziel in den vergangenen 19 Monaten war, eine deutsche Philosophie im Frauen-Handball zu verankern, und diese Entwicklung soll mit der WM nicht abgeschlossen sein", sagte Sommerfeld. Auch Biegler hatte dem Deutschen Handball-Bund (DHB) angeboten, bis Juni 2018 parallel zu seiner Klubtätigkeit in Leipzig unentgeltlich weiter als Frauen-Bundestrainer zu arbeiten, hatte mit seinem Angebot aber kein Gehör gefunden.

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