Handball-EM:Handballer schaffen die unverhoffte Wende

Handball-EM: Bester deutscher Werfer: Steffen Fath (rechts).

Bester deutscher Werfer: Steffen Fath (rechts).

(Foto: AFP)

Von Ralf Tögel, Varazdin

Die deutschen Handballer sind mit einem 22:19 (9:10)-Sieg gegen Tschechien erfolgreich in die Hauptrunde der Handball-EM in Kroatien gestartet. Bei aller Freude über den Sieg war jedoch Erleichterung das vorherrschende Gefühl, denn es war ein schwerer Kampf, bis zum letztlich verdienten Erfolg. Damit bleibt der Europameister im Rennen um die Titelverteidigung.

Tschechien ging als Außenseiter in die Partie, was es für gewöhnlich etwas einfacher macht, die eigenen Nerven im Griff zu halten. Denn das Trainerduo Jan Filip und Daniel Kubes - beide kennen die Bundesliga aus jahrelanger aktiver Erfahrung - hatten immer wieder darauf hingewiesen, dass bereits die EM-Qualifikation als großer Erfolg gewertet worden war. Zu was die Mannschaft in der Lage ist, hatte sie aber in der Vorrunde mit dem 28:27-Sieg gegen Olympiasieger Dänemark bewiesen, sich obendrein mit einem famosen Sieg gegen Ungarn zusätzlich motiviert.

Die Mannschaft bringt sich selbst aus dem Konzept

Bundestrainer Christian Prokop war also gewarnt, er stellte seine Anfangsformation erneut um und Mittelmann Paul Drux die wurfstarken Halbspieler Steffen Fäth und Kai Häfner zur Seite. Keine schlechte Idee, Häfner traf zum 1:0, und Fäth war mit acht Toren der Mann der Partie. Doch wie schon gegen Mazedonien und Sloweninen (jeweils 25:25) brachte sich die Mannschaft selbst aus dem Konzept, durch leichte Fehler und eine stattliche Anzahl an vergebenen Großchancen. Selbst Uwe Gensheimer und Patrick Groetzki, ansonsten eine verlässliche Flügelzange, scheiterten mit Gegenstößen gegen den starken tschechischen Torhüter Tomas Mrkva.

Vor allem Fäth, der in den Gruppenspielen wenig Einsatzzeit bekommen hatte, hielt seine Equipe mit fünf Treffern im ersten Durchgang im Spiel. Was dringend nötig war, denn weder Julius Kühn noch Philipp Weber hatten den nötigen Zug zum Tor. So hielt sich der Halbzeit-Rückstand in Grenzen, doch neun Tore verdeutlichen die ausbaufähige Offensivleistung. Die Abwehr um Finn Lemke und Hendrik Pekeler, in der zweiten Halbzeit auch Patrick Wiencek und Steffen Weinhold, gelang erneut eine Steigerung. Und im Tor hielt Silvio Heinevetter tadellos.

Die Abwehr war auch nicht das Problem, vielmehr griff mit steigender Spieldauer und nicht nachlassender Entschlossenheit der Tschechen erneut Nervosität um sich. Immer wieder brachten sich die deutschen Spieler mit dem Auslassen bester Chancen um die Gelegenheit, etwas Sicherheit in die eigenen Reihen zu bringen. Nur Fäth ging mit der nötigen Entschlossenheit und Konsequenz auf die generische Abwehr, was ihm des Öfteren mit ordentlichen Hieben der kantigen tschechischen Defensivspieler vergolten wurde. Seine Rückraum-Kollegen ließen diese Durchschlagskraft zumeist vermissen. Dabei war der Gegner alles andere als furchteinflößend, es ist eine disziplinierte Mannschaft, die konsequent ihren Matchplan verfolgte, sicher, eine zupackende Defensive, ja, aber auch eine Mannschaft mit deutlich weniger Möglichkeiten als der Gegner.

Ein enges und zähes Ringen

Rückraumspieler Ondrej Zdráhala, mit 25 Treffern der erfolgreichste Torschütze der Vorrunde, wusste auch gegen die Deutschen vier Nadelstiche zu setzen, war aber in den langen Armen der deutschen Abwehrstrategen insgesamt gut aufgehoben. Wie auch Pavel Horak: Der ehemalige Berliner spielt beim HC Brest zwar immer noch Champions-League, ist aber merklich im Herbst seiner Schaffenskraft. Zwar organisierte er die robuste tschechische Defensivreihe umsichtig und strahlte auch im Angriff immer wieder Gefahr aus, doch gegen Ende der Partie wurden seine Pausen länger.

Es blieb bis in die Schlussminuten ein enges und zähes Ringen, jeder starken Aktion folgte nahezu umgehend ein unnötiger Fehler oder eine vergebene Großchance. Vor allem Weber, der viel Einsatzzeit von Prokop bekam, hatte einige Aussetzer. Die tschechische Auswahl dagegen blieb ihrer Linie treu, sie hatte ja auch keinen Grund, die Taktik zu ändern.

Meist wurde Rechtsaußen Tomas Cip gesucht, mit sechs Treffern bester Tscheche. Der Gegner legte vor, Deutschland zog nach. Bis Prokop bei einer 19:18-Führung zwei entscheidende Ideen hatte: Er beorderte Wolff ins Tor (47.), der sich mit einem gehaltenen Siebenmeter bedankte und nur noch einen Treffer zuließ. Vorne brachte er den siebten Feldspieler - und plötzlich lief das Angriffsspiel, plötzlich fanden die Würfe in gewohnter Sicherheit ins Tor. Die Wende? Das wird sich bald zeigen: am Sonntag im Spiel gegen Olympiasieger Dänemark.

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