Handball:Dreikampf

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Dreikampf um den Titel: von links Niklas Landin Jacobsen (THW Kiel), Uwe Gensheimer (Rhein-Neckar Löwen) und Johan Mikael Jakobsson (Flensburg-Handewitt). (Foto: getty, dpa, imago)

In der Champions League wollen die SG Flensburg-Handewitt und die Rhein-Neckar Löwen dem THW Kiel ins Viertelfinale folgen - an der Bundesliga-Spitze liegen sie eng beisammen.

Von Jörg Marwedel

Von seiner Zeit als Linksaußen beim THW Kiel will Nicolaj Jacobsen nicht mehr so viel wissen. Der Däne ist seit knapp zwei Jahren Trainer bei den Rhein-Neckar Löwen, dem Tabellenführer der Handball-Bundesliga und aktuellen Dauerrivalen der Kieler. Berüchtigt ist Jacobsen - Typ: knorrig und tätowiert - für seine schlechte Laune nach Niederlagen. Selbst nach gewöhnlichen Spielen kann er aus der Haut fahren. Europameister Hendrik Pekeler hat soeben verraten, dass der Coach beim "normalen" 28:20 gegen den Bergischen HC am vergangenen Mittwochabend "einen roten Kopf" bekommen habe, als anfangs viele Fehlpässe gespielt wurden. Und vor allem, so Jacobsen später selbst, weil etliche Torchancen "unkonzentriert und fahrlässig" ausgelassen wurden.

Jacobsen weiß: Jedes einzelne Tor könnte - bevor die angestrebte Regeländerung in Kraft tritt, nach der bei Punktgleichheit nicht mehr das Torverhältnis, sondern der direkte Vergleich maßgeblich sein soll - auch in dieser Saison wieder über den Meistertitel entscheiden. So, wie es die Löwen schon einmal 2014 bitter erlebten, als der THW die punktgleich führenden Nordbadener mit einem 37:23 über die Füchse Berlin im letzten Saisonspiel noch um zwei Treffer abhängte. Diesmal ist es sogar noch komplizierter, weil es ein Dreikampf ist. Auch die SG Flensburg-Handewitt entpuppt sich als fast gleichwertig und liegt als Tabellenzweiter nur zwei Minuspunkte hinter den Löwen und Kiel (zwei Partien weniger) zurück.

Kiel hat die beste "erste Sieben" - die Löwen haben den besten Kader

Während die Löwen und Flensburg am Mittwoch in der Bundesliga ihre Punkte gegen Abstiegskandidaten holten, erreichte Kiel mit einem 36:29 im Rückspiel gegen Pick Szeged zum zwölften Mal das Viertelfinale der Champions League. Dort trifft man nun auf den vielleicht besten aller Gegner, den siebenmaligen Champions-League-Sieger FC Barcelona.

Am Ostersonntag ist es nun genau umgekehrt: Der THW muss Bundesliga-Punkte beim TSV Hannover-Burgdorf holen. Flensburg (17 Uhr) und die Löwen (19.30 Uhr) könnten dagegen ebenfalls ins Viertelfinale der Champions League einziehen. Beide haben ihre Auswärtsspiele mit je einem Tor Vorsprung gewonnen, Flensburg 28:27 bei Montpellier HB, die Rhein Neckar Löwen 24:23 bei RK Zagreb. Sie würden eine Runde später ebenfalls auf wirtschaftlich überlegene Klubs treffen: Die Löwen wären Gegner des künftigen Arbeitgebers ihres Kapitäns Uwe Gensheimer, des mit Scheich-Millionen alimentierten Paris Saint-Germain. Flensburg träfe auf KS Kielce. Alle drei deutschen Vertreter haben den Traum vom Final Four in Köln.

Im Dreikampf um die deutsche Meisterschaft spricht indes viel für die Kieler. Der Rekordmeister habe "die beste erste Sieben", sagt der frühere Nationalspieler und jetzige TV-Experte Stefan Kretzschmar. Zudem hat Kiel in dem früheren Löwen Niklas Landin als Keeper und Welthandballer Domagoj Duvnjak Spieler, die Partien allein entscheiden können - wie Landin gerade gegen Szeged mit 15 Paraden bewies. Er hielt jeden dritten Wurf, wehrte vier Siebenmeter ab und traf am Ende gar selbst ins leere Tor. Allerdings ist die "erste Sieben" in den nächsten Wochen unvollständig. Europameister Steffen Weinhold im Rückraum sowie die Kreisläufer Patrick Wiencek und René Toft Hansen fehlen verletzt. Doch auch ohne sie gelang zuletzt in der Bundesliga eine Serie von 13 aufeinanderfolgenden Siegen.

Flensburg hat zuletzt beide direkten Konkurrenten geschlagen

Die Flensburger haben zuletzt neunmal in der Liga gewonnen, die Löwen aus Mannheim besiegt und den Lokalrivalen THW in der Champions League gar mit 37:27 abgekanzelt. Zuletzt lobte Trainer Ljubomir Vranjes, der gegen Montpellier sein 300. Spiel als Chefcoach der SG bestreitet, "eine ganze Reihe von Spielern für starke bis überragende Leistungen". Er meinte damit nicht nur Torwart Mathias Andersson, sondern auch die Spielmacher Rasmus Lauge und Thomas Mogensen sowie den wurfstarken Holger Glandorf.

Der Tabellenführer aus Mannheim hat dagegen laut Fachmann Kretzschmar den insgesamt besten Kader, einschließlich des überragenden Spielmachers Andy Schmid und der nach bösen Blessuren wieder gesunden Flügelzange Patrick Groetzki und Gensheimer. Allerdings müssen die Löwen noch sechsmal auswärts antreten, darunter so unangenehme Aufgaben wie in Berlin und Melsungen lösen.

Die Rhein-Neckar Löwen liegen im Torverhältnis 28 Treffer vor Kiel und 24 vor Flensburg. Doch ob sie sich darauf verlassen wollen? Für die Laune von Nicolaj Jacobsen wäre das wohl ein ziemlich riskanter Plan.

© SZ vom 27.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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