Handball:Die Gläubiger warten

2014 war der HSV Hamburg nur knapp am Konkurs vorbeigeschrammt und bekam erst im dritten Anlauf die Bundesliga-Lizenz. Jetzt ist der Klub erneut zahlungsunfähig, viele Spieler warten auf ihre Gehälter.

Von JÖRG MARWEDEL, Hamburg

Im Oktober ist Andreas Rudolph, der frühere Präsident des HSV Hamburg, mal wieder halboffiziell aufgetaucht. Der Unternehmer gab bei der Pressekonferenz nach dem 29:27 des Handball-Bundesligisten beim Bergischen HC ein Statement ab anstelle des verhinderten Geschäftsführers Christian Fitzek. Er sei "stolz, dass Michael Biegler eine Mannschaft präsentiert hat, die hier verdient gewonnen hat", sagte er. Tatsächlich ist der seit Sommer tätige Trainer Biegler dabei, das neue, deutlich kostengünstigere Team trotz des 23:29 am Sonntag beim THW Kiel wieder ans erste Drittel der Liga heranzuführen. Das Problem ist nur: Der ämterlose, aber weiter einflussreiche Andreas Rudolph ist zwar noch immer der wichtigste Sponsor des Klubs, aber es reicht weiterhin nicht, um den abgespeckten Champions-League-Sieger von 2013 am Leben zu erhalten. 2014 war der Klub nur knapp am Konkurs vorbeigeschrammt und bekam erst im dritten Anlauf die Bundesliga-Lizenz. Jetzt ist der HSV-Handball erneut zahlungsunfähig, berichten Morgenpost und Bild.

Viele Spieler warten mal wieder auf ihre Gehälter, der dänische Klub Tvis Holstebro hat einen Anwalt eingeschaltet, um die überfällige Ablöse von 25 000 Euro für den Profi Allan Damgaard einzutreiben, die Füchse Berlin warten noch auf Geld vom EHF-Cup-Finale im April. Zusammen mit Fitzek und seinem Bruder Matthias, dem Aufsichtsrat und Hauptgesellschafter der Betriebsgesellschaft, hat Andreas Rudolph mit den drei größten Gläubigern gesprochen, es ging um deren Verzicht auf fast eine Million Euro. Fitzek präsentierte Bilanzen und einen Wirtschaftsplan bis 2020, in dem der HSV Ende 2016 schuldenfrei sein könnte - wenn die Geschäftsfreunde dem Klub einen Teil der siebenstelligen Altschulden stornieren. Vor allem die Spielbetriebskosten sollen gesenkt werden, kündigte der Geschäftsführer an; auch die stattlichen Mieten für die beiden Arenen sollen auf den Prüfstand kommen.

Angeblich gibt es teilweise Zusagen für einen Verzicht der Gläubiger. Spielen diese mit, will auch Andreas Rudolph weiter Geld geben. "Wenn sie das Konzept nicht mittragen", sagt Fitzek, "hat der Verein keine Fortführungsprognose." Sollte man im November nicht wieder liquide werden, ist die Insolvenz-Gefahr erneut groß. Dann ist der ehrgeizige Business-Plan wenig wert.

Am Spieler-Etat wollen die Hamburger nicht rütteln, falls ihnen die wirtschaftliche Rettung gelingt. Nur ein sportlich erfolgreicher Verein könne auch ökonomisch erfolgreich sein, sagt Fitzek. Wie groß das Vertrauen der Profis in ihren Arbeitgeber noch ist? Beim ehemaligen Nationaltorwart Johannes Bitter offenbar nicht mehr so groß. Der 33-Jährige, der seit 2007 beim HSV spielt, macht sich über einen Wechsel Gedanken. Er habe keine Lust mehr, höchstens um Platz sechs oder acht zu spielen, ließ er wissen.

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