Handball-Champions-League:Handfester Skandal zweier Trainer

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Hat er zugeschlagen? Talant Duschebajew, Trainer des polnischen Spitzenklubs KS VIVE Kielce.

(Foto: imago sportfotodienst)

Nach den Attacken von Talant Duschebajew, Trainer des polnischen Spitzenklubs KS Vive Kielce, gegen den Rhein-Neckar-Coach Gudmundur Gudmundsson in der Champions League bezichtigen sich die Klubs gegenseitig, Schuld an der Eskalation zu haben. Der europäische Verband ermittelt.

Die Attacken von Coach Talant Duschebajew vom polnischen Meister KS Vive Kielce gegen seinen Kollegen Gudmundur Gudmundsson von den Rhein-Neckar Löwen haben ein sportjuristisches Nachspiel. Wie der Europäische Handball-Verband (EHF) in Wien am Dienstag mitteilte, hat das EHF-Sportgericht auf Antrag der Föderation ein Ermittlungsverfahren gegen Duschebajew eingeleitet.

Der ehemalige Welthandballer hatte sich nach dem Achtelfinal-Hinspiel in der Champions League zwischen Kielce und den Löwen am vergangenen Samstag zunächst einen verbalen Schlagabtausch mit dem Löwen-Coach geliefert, ehe er nach Aussage von Gudmundsson dem Isländer "zwischen die Beine" geschlagen haben soll. Videoaufnahmen belegen, dass Duschebajew den Löwen-Trainer bedrängt und dieser wenig später mit schmerzverzerrtem Gesicht zusammenzuckt.

In der anschließenden Pressekonferenz beschimpfte Duschebajew Gudmundsson und demonstrierte eine obszöne Geste, die der Löwen-Trainer während des Spiels gezeigt haben soll. Gudmundsson wies diesen Vorwurf empört zurück und bezichtigte Duschebajew der Lüge.

Die Löwen legten Protest ein gegen das Verhalten des Kielce-Coachs. Das EHF-Sportgericht forderte KS Kielce und Duschebajew auf, bis zum 26. März zu den Vorkommnissen Stellung zu beziehen. Kielce hatte das Hinspiel 32:28 gewonnen. Das Rückspiel findet am 31. März in Mannheim statt.

Kielce-Präsident Bertus Servaas hat unterdessen im Mannheimer Morgen seinen Trainer in Schutz genommen. "Wenn die Löwen uns etwas anhaben wollen, werden wir uns verteidigen. Sie sollten sich aber erst einmal um ihren eigenen Trainer kümmern. Wissen Sie: Ich habe in meinem Berufsleben eines gelernt: Wenn zwei sich streiten, ist selten nur einer schuldig", zitierte die Zeitung Servaas. Servaas bezweifelte, dass Duschebajew Gudmundsson geschlagen habe. "Ich weiß nicht genau, was passiert ist. Es war eine Rangelei, aber einen Schlag habe ich nicht gesehen", sagte der Investor des polnischen Klubs. Kielce will das anhand von TV-Bildern belegen.

Mit Unverständnis reagierte Löwen-Geschäftsführer Thorsten Storm auf den Vorwurf und nahm Gudmundsson in Schutz. "Das ist für mich ausgeschlossen. Ich kenne unseren Trainer seit vielen Jahren. So etwas würde er nie machen", sagte der 49-Jährige dem Sport-Informations-Dienst (SID) und beschrieb seinen Coach als ehrlich und professionell: "Er lebt Handball, ist ein Familienmensch und geht ab und zu noch Angeln."

Servaas stand direkt neben den Streithähnen bei deren verbalem Schlagabtausch. Die Tirade von Duschebajew während der Pressekonferenz kommentierte Servaas mit den Worten: "Talant war unglaublich aufgewühlt. Es muss also vorher etwas passiert sein. Klar ist trotzdem, dass er so nicht reagieren darf." Duschebajew als auch Gudmundsson beschuldigten sich gegenseitig, während des Spiels provoziert zu haben.

Alle relevanten Videosequenzen liegen der EHF vor. Bundesliga-Geschäftsführer Frank Bohmann erwartet eine "drakonische Strafe" für den Welthandballer von 1994 und 1996. "So etwas darf man nicht durchgehen lassen. Es reicht als Weltklasse-Trainer nicht, Titel zu holen. Man muss auch Vorbild sein", sagte Bohmann und forderte "spürbare" Sanktionen.

"Vor dem Rückspiel am kommenden Montag wird eine Entscheidung gefallen sein", sagte EHF-Pressesprecher Jörg Jeoffrey Rowland dem SID. Er bestätigte auch, dass es in puncto Strafmaß keine Rolle spiele, dass der 45-jährige Duschebajew ein Wiederholungstäter ist. Der frühere Mindener und Nettelstedter Profi war schon einmal für ein Jahr aus dem Verkehr gezogen worden, nachdem er als Spielertrainer von Ciudad Real einem gegnerischen Keeper in den Bauch geschlagen hatte. Die Sperre beendete 2006 die Karriere von Duschebajew.

Storm wundert sich über den Ausraster des Wahl-Spaniers, hält eine wochenlange Sperre aber nicht unbedingt für die beste Lösung. "Er sollte sich für die Vorkommnisse entschuldigen, auch für die auf der Pressekonferenz. Das hat mit Sport nichts zu tun", sagte Storm. Besser als eine harte Bestrafung wäre "vielleicht eine Spende an eine Einrichtung für Kinder und den Handballnachwuchs in Baden."

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