Handball-Bundesliga:Lauge erlegt die Löwen

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Unaufhaltsam: Flensburgs Torjäger Rasmus Lauge (links) setzt sich trotz heftiger Gegenwehr des Rhein-Neckar Löwen Mads Mensah Larsen durch. (Foto: Deniz Calagan/dpa)

Die von ihrem überragenden Spielmacher angeführte SG Flensburg sorgt mit ihrem Sieg beim Tabellenführer dafür, dass das Titelrennen zu einem Dreikampf wird.

Von Michael Wilkening, Mannheim

Ganz am Ende ging Rasmus Lauge, 24, dann doch die Kraft aus. Der Rückraumspieler der SG Flensburg-Handewitt schaffte es nicht einmal mehr zu jubeln. Lauge sank in die Arme seiner Teamkollegen, er hatte zuvor alle Energie aus seinem Körper gepumpt. Dabei hätte sich der Däne mit stolz geschwellter Brust hinstellen können, um zu symbolisieren, dass er der entscheidende Mann in dem gerade beendeten Handball-Gipfel gewesen war. Aber es ging einfach nicht mehr.

Mehr als 13 000 Menschen in der Mannheimer SAP-Arena waren gewillt gewesen, die Rhein-Neckar Löwen zu einem Sieg über die SG Flensburg-Handewitt zu tragen, zu schreien, zu brüllen. Doch der große Schritt zum Gewinn der ersten Meisterschaft in der Handball-Bundesliga gelang den Badenern am Mittwochabend nicht. Stattdessen brachten sich die Flensburger mit ihrem 25:22-Sieg beim Tabellenführer zurück ins Titelrennen, das so spannend zu werden verspricht wie seit mehr als einem Jahrzehnt nicht mehr.

Lauge hatte dabei neun Tore gegen die Löwen erzielt, und viel mehr als die bloße Anzahl der Treffer war beeindruckend, dass der Spielmacher besonders in der zweiten Halbzeit immer dann traf, wenn seiner Mannschaft im Angriff die Ideen ausgingen. "Wenn es bei uns stockte, hat er die wichtigen Tore gemacht", lobte Mattias Andersson seinen Kollegen. Der schwedische Torwart der Flensburger war mit 16 Paraden neben der gewohnt guten 6:0-Abwehr der SG ein weiterer Garant für den Sieg, doch Andersson wusste, dass Lauge der spielentscheidende Faktor war.

Beim THW Kiel hatten sie keine Verwendung mehr für den Dänen - zum Glück für Flensburg

Vier der letzten sechs Flensburger Tore erzielte der Rückraumspieler in der aufgeheizten Atmosphäre der Mannheimer Arena, er erlegte die Löwen in der Schlussphase quasi im Alleingang. "Ich habe mich gut gefühlt", beschrieb er seine Vorstellung später unaufgeregt. Auf dem Feld war Lauge ein Riese, im Anschluss an die Demonstration seiner Stärke versuchte er, sich selbst klein zu halten. Dabei wäre es vielleicht der richtige Moment gewesen, um einen Seitenhieb in Richtung THW Kiel loszuwerden, wo ihn die Verantwortlichen im vergangenen Sommer bereitwillig aus einem laufenden Vertrag entließen und zum schleswig-holsteinischen Rivalen ziehen ließen. Beim Serien-Meister der jüngeren Vergangenheit hatten sie keine Verwendung mehr für Lauge, der zuletzt sogar auf die Linksaußen-Position abgeschoben worden war, als es dort einen personellen Engpass gab.

"Es war unser großes Glück, dass Kiel ihn nicht mehr wollte", sagte Ljubomir Vranjes. Flensburgs Trainer nutzte die Chance, den Nationalspieler zu verpflichten, als dieser unerwartet auf dem Transfermarkt auftauchte. Vranjes glaubte trotz eines Kreuzbandrisses im rechten Knie, der Lauge das gesamte Jahr 2014 auf Eis gelegt hatte, an dessen Fähigkeiten - und wird jetzt für seine Überzeugung belohnt. Schon am vergangenen Sonntag war Lauge Flensburgs bester Torschütze gewesen beim Sieg über den THW Kiel in der Vorrunde der Champions League. Die Partie hatte jedoch keine große Aussagekraft, schließlich war die sportliche Bedeutung nicht so hoch wie beim Bundesliga-Spitzenspiel, und der THW spielte auch nicht mit seiner besten Formation. Das dicke Ausrufezeichen setzten Lauge und Co. in Mannheim.

Und das hat zur Folge, dass die Rhein-Neckar Löwen zwar vorerst Tabellenführer bleiben, bei jetzt sechs Minuspunkten (36:6), aber sowohl den THW Kiel (34:6), als auch die SG Flensburg (33:7) im Nacken spüren. Bei einer Niederlage in Mannheim wären zumindest die Flensburger aus dem Titelkampf wohl ausgeschieden. "Darüber haben wir nicht gesprochen, aber jeder von uns wusste das", sagte Matchwinner Rasmus Lauge.

Außerhalb des Einflussbereichs der Rhein-Neckar Löwen gab es bei den Verantwortlichen des deutschen Handballs am Mittwochabend fröhliche Gesichter angesichts des Flensburger Erfolges. Der Liga und ihren Vermarktungsstrategen konnte nach dem EM-Gold der Nationalmannschaft im Januar in Polen wenig Besseres passieren als ein Dreikampf um die Meisterschaft. Vermutlich bis zum letzten Spieltag Anfang Juni wird offen bleiben, wer die Schale überreicht bekommt. Zu diesem Zeitpunkt einer Saison stritten zuletzt in der Spielzeit 2001/2002 noch drei Teams um Platz eins. Das damalige Wettrennen der Klubs aus Kiel, Nordhorn und Lemgo entstammt aus einer Zeit vor der monotonen Dominanz des THW Kiel, die dem deutschen Vereinshandball zuletzt eher schadete. "Das werden jetzt ganz spannende Monate", sagte Lauge. Um sein rechtes Knie hatte er eine kühlende Bandage gelegt, ehe er noch hinzufügte: "Das ist eine Giga-Motivation für uns alle."

© SZ vom 19.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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