Hamit Altintop im Interview:"Ich bin der Herausforderer"

Bayern-Profi Hamit Altintop über seinen Versuch, kommende Saison vom Einwechselspieler zum Stammspieler zu werden, seine Vertragsverlängerung und das Haifischbecken FC Bayern München.

Michael Neudecker

SZ: Herr Altintop, als der FC Bayern im Trainingslager in Riva del Garda ankam, gab einen Empfang mit 4000 Fans. Und dies, obwohl nur acht Profis dabei waren, alle übrigen sind noch im Urlaub.

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"Komm, ein Jahr versuchst du das jetzt": Bayern-Profi Hamit Altintop will kommende Saison mehr machen als nur Autogramme zu schreiben.

(Foto: afp)

Altintop: Ja, das hat mich gewundert. Aber ich glaube, dass das wieder eine Bestätigung für den Klub war, die zeigt, was Bayern München bedeutet. Für mich war das auch wieder ein Moment, in dem ich gemerkt habe, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe, zu bleiben.

SZ: Vergangene Saison hatten Sie kaum Einsätze über 90 Minuten. Im verlorenen Champions-League-Finale gegen Inter Mailand haben Sie Franck Ribéry auf der linken Außenbahn ersetzt, sind aber nach 63 Minuten ausgewechselt worden. Sie waren ziemlich sauer.

Altintop: Ich war halt enttäuscht. Ich habe immer gesagt, dass ich den Trainer respektiere und seine Entscheidungen akzeptiere. Das Miteinander ist mir immer schon sehr wichtig gewesen, das hat sich nicht geändert.

SZ: Was ist vergangene Saison für Sie falsch gelaufen?

Altintop: Wir hatten einen schlechten Start, da war ich dabei, dann hat der Trainer umgestellt und die erwünschten Resultate erzielt. Und wenn man einen Robben für 25 Millionen holt, der sofort einschlägt, dann ist der in der Mannschaft. Von daher ist von meiner Person aus wohl nicht so viel falsch gelaufen. Aber: Ich bin Bayern-Angestellter. Es geht um den Klub, nicht um einzelne Spieler.

SZ: Sind Sie heute weiter, würden Sie etwas anders machen?

Altintop: Die Saison, bevor van Gaal kam, hatte ich einige Verletzungen, da habe ich den Rhythmus verloren. Ich war dann in der Vorbereitung sehr aktiv, aber wohl ein bisschen zu früh dabei. Ich bin in ein Loch geraten, an meine Grenzen gegangen, vielleicht war ich zu eifrig, deswegen konnte ich nicht in mich hineinhören. Das war wohl eine Phase, in der ich mich verloren habe. Aber ich glaube, dass ich mental wieder stark bin.

SZ: Angeblich hatten Sie Optionen, mit Atletico Madrid soll es sehr konkret gewesen sein.

Altintop: Ja, stimmt, ich hatte Optionen. Aber der FC Bayern ist top, die Mannschaft ist intakt, ich habe mich gut eingelebt in München, und die sportliche Perspektive war am Ende doch entscheidend: Das hier ist eine Mannschaft, mit der man in der Champions League wieder ganz oben mit dabei sein kann. Und, so blöd das klingt: Weggehen kann man von hier immer.

SZ: Aber Sie haben nur einen Vertrag für ein Jahr unterzeichnet.

Altintop: Ich will nicht immer zuschauen. Deshalb hab' ich mir gesagt: Komm, ein Jahr versuchst du das jetzt. Ich bin den Verantwortlichen dankbar, dass sie meinem Wunsch entsprochen haben.

SZ: Sie wollen jetzt einfach mal gucken, wie es läuft?

Altintop: Nicht gucken, Gas geben!

SZ: Welche Rolle hat der Trainer bei Ihrer Entscheidung gespielt?

Altintop: Eine große. Ja, er ist ganz besonders. Aber er hat eine klare Linie, man weiß, woran man ist. Und: Er ist geduldig, auch wenn er nach außen nicht so rüberkommt. Er hat an den Spielern festgehalten, auch, wenn mal einer nicht zum Zuge kam. Er ignoriert niemanden.

SZ: Die von van Gaal immer so gepriesene Kommunikation funktioniert also?

Altintop: Ein Beispiel: Wenn ein Coach sogar nach einem Trainingsspiel, fünf gegen fünf, eine Analyse macht - dann bedeutet das einen Riesenrespekt für die Spieler, die nicht so oft zum Einsatz kommen. Man verbessert sich in so einer Einheit. Und man hat ja gesehen: Egal, wer ausgefallen ist, egal, wer reinkam, das hat immer sofort geklappt.

SZ: Im Trainingslager schien es, als würde van Gaal keinen Unterschied zwischen Profi und Amateur machen.

Altintop: Ja, er hat eins zu eins die selbe Arbeit gemacht wie sonst. Es ist ihm egal, ob ein Arjen Robben, Franck Ribéry oder ein anderer vor ihm steht. Bemerkenswert, so ein erfahrener Mann, der so viel erlebt und mit so vielen Stars gearbeitet hat. Hut ab.

SZ: Ihre Entscheidung, beim FC Bayern zu bleiben, in allen Ehren: Aber was muss man für ein Typ sein, wenn man es trotz aller Optionen weiterhin im Haifischbecken FCB versucht?

Altintop: Man braucht eine Erfolgsbesessenheit. Ganz wichtig ist: eine Harmonie, einfach ein gutes Gefühl, mit all den Leuten hier, nicht nur den Verantwortlichen, sondern auch dem Zeugwart und Busfahrer. Da hat man das Gefühl: Okay, Junge, es lief zwar nicht perfekt, aber die stehen trotzdem hinter dir.

SZ: Viele verkrampfen beim Versuch, sich durchsetzen.

Altintop: Für mich ist klar: Ich bin der Herausforderer. Da kann man nicht verlieren, deshalb bin ich so gelassen.

SZ: Weil der Trainer Ihnen Ihre Situation klar gemacht hat?

Altintop: Nein, ich kann das schon selber einordnen. Ich bin keine 20 mehr.

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