Hamburger SV:"Schmerzen im Herzen"

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Rafael van der Vaart will unbedingt zum FC Valencia wechseln, doch der Hamburger SV lässt ihn nicht ziehen. Nun fürchten einige, dass er seinen Weggang provozieren will.

Jörg Marwedel

In der vergangenen Woche hat Dietmar Beiersdorfer, der Sportchef des Hamburger SV, noch eine regelrechte Hymne auf den HSV-Kapitän Rafael van der Vaart gesungen. ,,Vorbildlich'' sei der Holländer, wie er das Thema eins möglichen Vereinswechsels behandele. ,,Total professionell'' mache er das, und stets würde er trotz seines Traumes, einmal bei einem großen spanischen Klub zu spielen, seine ,,hohe Identifikation mit dem Verein'' herausstellen. Seit dieser Woche denkt Beiersdorfer womöglich etwas anders darüber. In einem zweistündigen Gespräch mit dem Spielmacher haben sich beide Seiten wenig angenähert. ,,Didi war sehr deutlich, ich war es auch'', beschrieb van der Vaart den intensiven Meinungsaustausch.

Hamburg oder Valencia? Rafael van der Vaart hat sich entschieden. (Foto: Foto: Reuters)

Auf den Spuren des FC Bayern

Es ging um das Angebot des spanischen Spitzenklubs FC Valencia, der am Montag 14 Millionen Euro als Ablöse bot. Der holländische Nationalspieler machte auch über die Hamburger Presse deutlich, dass er sofort wechseln wolle. Beiersdorfer wiederum erklärte ihm, warum er jetzt keine Freigabe erhalte, weshalb ihm van der Vaart vorhielt, ,,einen Traum zerstört zu haben''. Tatsächlich scheint die Hamburger Vereinsführung fest entschlossen zu sein, ihren wichtigsten Mann, der offiziell noch einen Vertrag bis 2010 hat (2009 darf er allerdings für 1,5 Millionen Euro wechseln), zumindest noch in dieser Saison festzuhalten.

Der Vorsitzende Bernd Hoffmann sagte: ,,Egal, ob wir vier, 14 oder 24 Millionen geboten bekommen - Rafael van der Vaart wird nicht abgegeben.'' Aufsichtsrat Willi Schulz betrieb ebenfalls Zahlenspiele. Nach Meinung des Alt-Nationalspielers dürfe der Holländer ,,unter 40 Millionen Ablöse niemals gehen''. Zumindest in diesem Punkt scheinen die Gremien beim HSV an einem Strang zu ziehen. Und selbst die Bild, für die der Profi auch wegen seiner hübschen Ehefrau Sylvie der Star in Hamburg schlechthin ist, kommentierte: ,,Besser er ist sauer als ganz Hamburg.''

Zu sehr ist den Hamburgern noch die vergangene Saison vor Augen, als man die Führungsspieler Daniel van Buyten und Sergej Barbarez abgab und das Team in eine große Krise stürzte. Jetzt scheint es unter Trainer Huub Stevens wieder eine Spitzenmannschaft zu werden, vermutlich aber nur mit dem Anführer van der Vaart, denn ein halbwegs guter Ersatz ist bis Ende der Transferperiode am 31.August wohl kaum zu bekommen. Womit der HSV auf den Spuren des FC Bayern München wandert, der Owen Hargraves im vergangenen Jahr trotz des eines Angebots von Manchester United über 25 Millionen Euro nicht gehen ließ, sondern erst neun Monate später am Ende der Spielzeit.

Weil van der Vaart so beharrlich auf seinem Standpunkt bleibt, hält sich in Hamburg allerdings das Gerücht, HSV-Chef Hoffmann habe ihm im Frühjahr in einem Gespräch in Aussicht gestellt, bei einem Angebot eines spanischen Spitzenklubs verhandlungsbereit zu sein. Van der Vaart will das nicht kommentieren. Hoffmann sagt über diesen Dialog jedoch: ,,Wir haben ihm klipp und klar erklärt, dass wir ihn nicht abgeben.''

Für die Boulevardpresse in Hamburg wäre ein Weggang der van der Vaarts schlimm. Auch wegen Frau Sylvie. (Foto: Foto: dpa)

Warum van der Vaart aus seiner Sicht nicht noch ein Jahr warten kann, ist schnell erklärt. Real Madrid hat nicht nur seinen früheren Kumpel von Ajax Amsterdam, Wesley Sneijder, für 27 Millionen Euro gekauft, die Madrilenen bemühen sich zudem, die zentrale Position spätestens im nächsten Jahr mit dem Brasilianer Kaká vom AC Mailand zu besetzen. Der FC Barcelona wiederum hat die Weltklasse-Spieler Lionel Messi und Deco im Mittelfeld. Bleibt als dritter großer Klub nur der FC Valencia, der sich derzeit um einen außergewöhnlichen Regisseur bemüht, nachdem der neue Klub des deutschen Nationaltorhüters Timo Hildebrand bereits den serbischen Stürmer Nikola Zigic für 18 Millionen Euro kaufte.

Trotz der erheblichen Unruhe vor dem Uefa-Cup-Spiel bei Honved Budapest (Donnerstag, 19 Uhr, Eurosport) - der HSV muss zudem auf Abwehrchef Joris Mathijsen verzichten, weil dessen Frau hochschwanger ist - will HSV-Trainer Huub Stevens van der Vaart in jedem Fall aufbieten. ,,Ich habe keine Bedenken'', sagte Stevens nach einer Unterredung mit dem Kapitän. Wobei van der Vaart, falls es doch noch zum Wechsel nach Valencia käme, erst im nächsten Jahr für die Spanier in der Champions League spielen dürfte.

Erinnerung an Boulahrouz

Dafür, dass er es seinem Landsmann Khalid Boulahrouz nachmacht, der sich vor einem Jahr beim Aufwärmen für ein Champions-League-Spiel angeblich verletzte, damit er für seinen künftigen Klub FC Chelsea sofort europäisch spielen durfte, gibt es erste Anzeichen. Wegen einer Verletzung, die er sich beim Spielen mit seinem ein Jahr alten Sohn Damian zugezogen haben will, ist der Einsatz des 24-Jährigen in der ungarischen Hauptstadt fraglich. ,,Ich habe mich verhoben und spüre Schmerzen'', sagte van der Vaart nach der Ankunft in Budapest. Immerhin hat van der Vaart trotz aller Aufregung auch diesen Satz gesagt: ,,Wenn ich bleiben muss, werde ich hundert Prozent geben. Aber immer mit Schmerzen im Herzen.'' Dass er aber noch nicht aufgegeben hat, zeigt indes dieser Satz: ,,Ich hoffe, dass Valencia bis zuletzt um mich kämpft.'' Immerhin hat die Alternative, Lucho Gonzales vom FCPorto, dem Klub angeblich schon abgesagt.

© SZ vom 16.8.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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