Hamburger SV:"Natürlich" glaubt Hollerbach noch an den Klassenerhalt

Hamburger SV: Der HSV hat weiter sieben Punkte Rückstand auf den Relegationsplatz.

Der HSV hat weiter sieben Punkte Rückstand auf den Relegationsplatz.

(Foto: AFP)

Von Benedikt Warmbrunn

Die Spieler, das überprüfte Bernd Hollerbach zur Sicherheit noch einmal, hören weiterhin auf ihn. Ziemlich unstrukturiert und durcheinander stand die Mannschaft am Mittelkreis, also brachte Hollerbach etwas Ordnung in die Formation, er ist ja der Trainer. Er zeigte nach rechts. Nichts passierte. Er zeigte ein zweites Mal nach rechts, dieses Mal energischer. Also trotteten die Spieler des Hamburger SV in Richtung des Gästeblocks der Münchner Arena, sie klatschten zaghaft in die Hände. Empfangen wurden sie von Schweigen, gepaart mit ein paar Pfiffen.

Bernd Hollerbach, der Trainer, war diesen schweren Gang zu den eigenen Fans allerdings nicht mitgegangen, er hatte zweimal in die Hände geklatscht, auf Höhe der Mittellinie. Dann war er verschwunden.

Zum 53. Mal ist der Hamburger SV am Samstag zu einem Bundesligaspiel zum FC Bayern nach München gereist, und so still, so orientierungslos, so hoffnungslos, wie sich der Verein verabschiedete, deutete wenig darauf hin, dass noch einer eine Idee haben könnte, wie es im nächsten Jahr zu einer 54. Bundesliga-Reise zum FC Bayern kommen soll.

Das 6:0 des FC Bayern selbst war nicht einmal das Erschreckende an diesem traurigen Nachmittag des Hamburger SV; an so hohe Niederlagen in München hat sich der Verein ja in den vergangenen Jahren gewöhnt. Das Erschreckende war, dass elf Spieler auf dem Platz standen, die überhaupt nichts miteinander anzufangen wussten. Und am Spielfeldrand stand ein Trainer, der viel gestikulierte, der mal nach rechts zeigte, mal nach links, und der mit seinen Anweisungen dennoch nichts bewirkte. Auch nach dem 26. Spieltag hat der HSV weiterhin sieben Punkte Rückstand auf den Relegationsrang, der den erstmaligen Abstieg des letzten verbliebenen Gründungsmitgliedes der Liga verhindern könnte. "Natürlich" glaube er noch an den Klassenerhalt, sagte Hollerbach nach dem Spiel, doch seinen Worten fehlte die Überzeugungskraft. Am Sonntagabend berichtete der Kicker, Hollerbach stehe vor der Ablösung; er soll demnach für den Rest der Saison durch Christian Titz ersetzt werden, den Trainer der U 21.

Eine kleine historische Tat

Die Unruhe im Verein hat nun also auch den Trainer erreicht, der gerade einmal sieben Wochen da ist. Erst am Donnerstag hatte der neue Präsident Bernd Hoffmann den Vorstandsvorsitzenden Heribert Bruchhagen sowie den Sportdirektor Jens Todt geschasst. "Die Spieler sind auch nur Menschen. Es geht nicht spurlos an ihnen vorbei, wenn zwei Tage vor dem Spiel solche Entscheidungen getroffen werden", sagte Hollerbach, an dem dies allerdings auch nicht spurlos vorbeigegangen war. Als auf der gemeinsamen Pressekonferenz Jupp Heynckes sprach, starrte Hollerbach minutenlang unbewegt ins Nirgendwo.

Hollerbach hatte auch nur bedingt dazu beigetragen, die Spieler durch diese Partie zu leiten. Begonnen hatte der HSV mit einer Fünferkette hinten und einer Dreierkette vorne. Die offensive Kette, die sich aus Sven Schipplock, Filip Kostic und Aaron Hunt zusammensetzte, attackierte den Gastgeber früh im Spielaufbau. "Wir wollten mutig sein und auch vorne weiter draufgehen", erklärte Hollerbach. Allerdings reichte ein Pass über die drei Offensiven hinweg, und schon hatte der FC Bayern Raum und Zeit für die eigenen Angriffe. "Unser Plan ist in den ersten 18 Minuten mehr als vernichtet worden", sagte Schipplock. Da stand es bereits 0:3. Es war beinahe rührend, wie eifrig Hollerbach dennoch weiter auf seine Spieler eingestikulierte.

Der Trainer stellte anschließend in der Defensive auf eine Viererkette um. In der 20. Minute schickte er die Ergänzungsspieler zum Aufwärmen. In der 24. Minute wechselte er Rechtsverteidiger Dennis Diekmeier aus. In dieser Phase profitierte der HSV davon, dass der FC Bayern "ein bisschen larifari" spielte, wie Mats Hummels zugab. Mutig wurde der HSV dadurch jedoch nicht. "Das war unmännlich", schimpfte Kapitän Gotoku Sakai.

Bezeichnend war dann eine Szene in der Mitte der zweiten Halbzeit: Minutenlang stand Bakery Jatta bereit zur Einwechslung. Hollerbach brachte allerdings erst Josha Vagnoman, und zumindest das war eine historische Tat des Trainers: Vagnoman, am Samstag 17 Jahre und 89 Tage alt, ist der jüngste Spieler, der in 55 Jahren in der Bundesliga für den Hamburger SV gespielt hat.

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