Hamburger SV:Das Trotzreservoir des HSV ist aufgebraucht

Hamburger SV v 1. FSV Mainz 05 - Bundesliga

Auch morsch und mürbe? Hamburgs Walace (vorne) wirkt konsterniert.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Vergeblich gekämpft, morsch und mürbe: Der Hamburger SV und die Bundesliga sind dabei, sich mit ihrer Trennung abzufinden.

Kommentar von Christof Kneer

Es kommen jetzt wieder die Tage, an denen man den SV Sandhausen, den 1. FC Heidenheim und den FC Erzgebirge Aue verteidigen muss. Es handelt sich hierbei um Vereine, die sich ihre Zulassung für den Profifußball auf korrekte Art und Weise verdient haben und überhaupt nichts dafür können, dass man sie jetzt wieder für schlechte Witze missbraucht. Haha, wie lustig, der HSV muss nächste Saison nach Sandhausen, das wird man jetzt also wieder überall hören, und boshafte Menschen werden wieder Karten veröffentlichen, auf denen man erkennen kann, dass Sandhausen bei Heidelberg, dass Heidenheim auf der baden-württembergischen Ostalb und dass Erzgebirge Aue im Erzgebirge liegt.

Diese Art von Spott kennt man aus den vergangenen Jahren, aber nach Lage der Dinge ist diesmal etwas entscheidend anders: In der Vergangenheit hatte man stets das Gefühl, dass dieser Spott beim HSV noch mal die Lebensgeister weckt, dass der Spott ein verborgenes Trotzpotenzial aktiviert, von dem sich der HSV dann, zur Not über die Relegation, retten lässt. Aber auch dieses Trotzreservoir ist offenbar endlich: Gegen Mainz hat es der HSV tatsächlich noch mal versucht, aber er hat ein Tor aberkannt bekommen, einen Elfmeter verschossen und eine halbstündige Überzahl nicht genutzt.

Der HSV findet sich mit dem Abstieg ab

Der HSV und die Bundesliga: Sie wirken wie ein einst glamouröses und auch mal sehr verliebtes Paar, das sich mit den Jahren immer weiter auseinander gelebt hat. Aber trotzdem haben sie sich doch immer wieder zusammengerissen und an die schönen gemeinsamen Jahre gedacht, und ein reicher Onkel hat ihnen zwischendurch auch immer wieder mal was Hübsches, Beziehungsrettendes spendiert. Jetzt aber haben der HSV und die Bundesliga offenbar das Gefühl, dass sie vergeblich gekämpft haben: Sie sind morsch und mürbe jetzt, und sie sind dabei, sich mit einer Trennung abzufinden.

Geld allein macht nicht glücklich: Das bleibt nun einstweilen als Moral dieser Beziehungsgeschichte stehen. Die Millionen vom Onkel Kühne wurden von viel zu vielen Verantwortlichen viel zu viele Jahre viel zu wahllos verteilt, und so wurde eine Spirale in Gang gesetzt, an deren Ende es nur noch Fehlentscheidungen geben konnte. Ja, es war offenkundig ein Fehler, den eher rumpeligen Bernd Hollerbach mit der Rettung dieser Beziehung zu beauftragen, andererseits: Hätte ein anderer Trainer das besser gekonnt?

Nein, eine Trennung ist nie schön, und die These, wonach man sich in der zweiten Liga erneuern kann, klingt apart, ist aber meistens Quatsch. Im vorliegenden Fall könnte ein Abstieg aber tatsächlich zu einer Art Trennung auf Probe werden - und wenn man sich nur fest genug vermisst, könnten der HSV und seine Bundesliga nach einem Jahr Auszeit auch wieder glücklich zusammenfinden.

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