Halbfinale in Gladbach:Der 16. Versuch entscheidet

Eintracht Frankfurt's players celebrate winning the match after a penalty shootout

Die Spieler von Eintracht Frankfurt feiern den letzten Elfmeter.

(Foto: REUTERS)
  • Nach einem bemerkenswert schlechten Fußballspiel gewinnt Eintracht Frankfurt gegen Mönchengladbach und zieht ins DFB-Pokalfinale ein.
  • Ausgerechnet der Ex-Gladbacher Brnimir Hrgota versenkt den entscheidenden Elfmeter.

Aus dem Stadion von Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

All jene Frankfurter Fußballer, denen die Bedeutung eines DFB-Pokal-Endspiels in Berlin nicht so recht bewusst gewesen war, hatte der Eintracht-Trainer Niko Kovac als gebürtiger Berliner noch einmal mit der Nase darauf gestoßen. "Es gibt einen schönen Pokal zu gewinnen, die Spieler können etwas für ihre Urlaubskasse tun und für den Verein können sie sogar Geschichte schreiben", hatte er vor dem Halbfinale im Tonfall eines Verkäufers gesagt. Seine Zusammenfassung hat die Spieler offenbar überzeugt, die Frankfurter benötigten jedoch zum dritten Mal in dieser Saison das Elfmeterschießen, das sie mit 7:6 für sich entschieden. Um 23:31 Uhr verwandelte ausgerechnet der frühere Gladbacher Branimir Hrgota den 16. Versuch, nachdem Eintracht-Keeper Hradecky gegen Andreas Christensen und Djibril Sow gehalten hatte. Zudem hatte der Frankfurter Guillermo Varela verschossen. Nach 120 Minuten hatte es 1:1 (1:1, 1:1, 1:1) geheißen.

"Die Enttäuschung ist riesig. Im Elfmeterschießen zu verlieren, ist natürlich bitter", sagte der Gladbacher André Hahn. Bei den Frankfurtern war der Jubel dagegen groß. "Das ist eine tolle Geschichte für uns. Wir sind unheimlich stolz auf die Mannschaft", lobte Sportvorstand Fredi Bobic. Matchwinner Hradecky sagte: "Das ist für den Verein so schön. Solche Elfmeterschießen habe ich bisher nur im Fernsehen gesehen. Ich bin überglücklich." Kovac meinte: "Darüber müssen wir erst mal eine oder zwei Nächte schlafen. Unsere ganze Metropole wird auf den Beinen stehen und uns feiern."

Beim Finale in Berlin war die Eintracht 2006 letztmals zu Gast, als sie mit dem Trainer Friedhelm Funkel dem FC Bayern 0:1 unterlag. Richtig Geschichte könnten die Frankfurter schreiben, wenn sie dieses Endspiel erstmals seit 1988 wieder gewinnen. Damals führte der Coach Kalli Feldkampf die Hessen zum 1:0 gegen Bochum.

Gladbach und Frankfurt lieferten sich einen Pokalkrimi auf mäßigem Niveau. Beide Bundesligaduelle zwischen ihnen in dieser Saison waren torlos ausgegangen. Da war es nicht schwer, im dritten Spiel unter K.o.-Bedingungen die Zuschauer wenigstens ein bisschen zu mitzureißen.

Während die Frankfurter halbwegs ihre beste Formation aufbieten konnten, fehlten den Gladbachern gleich sechs relevante Kadermitglieder: Kramer, Raffael, Hazard, Drmic, Jantschke und Johnson. Auch darum bot Hecking dieselbe Startelf auf, die zuvor beim 2:3 gegen Dortmund begonnen hatte. Kovac veränderte jene Elf, die beim 3:1 gegen Augsburg begonnen hatte, auf zwei Positionen: Michael Hector verteidigte für Andersson Ordonez, und Taleb Tawatha stürmte für Aymen Barkok.

Die Choreografie, die die Gladbacher Fans vor dem Anpfiff gern gezeigt hätten, wäre dem Gladbacher Spiel sicher förderlich gewesen, doch die Materialien, die sie dazu schon morgens auf die Tribüne gelegt hatten, wurden vom Reinigungsdienst versehentlich entsorgt. Im Frankfurter Block brannten beim Einmarsch der Teams etliche Leuchtfeuer auf, und als sich der Qualm nach zwei Minuten verzogen hatte, schoss Fabian knapp am Gladbacher Tor vorbei. Die Eintracht, die mit zwei Elfmeterschießen und bloß vier eigenen Toren aus dem Spiel heraus binnen vier Pokalpartien ins Halbfinale eingezogen war, zeigte das engagiertere Spiel, hatte mehr und bessere Chancen und ging nach einer Viertelstunde verdient in Führung. Gladbachs Abwehr machte einen schlechten Eindruck, als eine Flanke von Timothy Chandler von rechts ganz hinüber nach links flog und dort aus vollem Lauf vom Israeli Tawatha ins Tor gedroschen wurde. Weder der Kontakt mit Yann Sommers Fingerspitzen noch mit dem Pfosten verhinderte den Treffer.

Das Gegentor verunsicherte die Gladbacher sehr. Linksverteidiger Oscar Wendt musste noch vor der Pause für Nico Schulz weichen. Die Gastgeber gewannen kaum einen Zweikampf und kamen erst kurz vor dem Ende der ersten Halbzeit zu einer Torchance per Konter, als Jonas Hofmann einen langen Abschlag von Sommer über Frankfurts Torwart Lukas Hradecky hinweg neben das Tor lupfte. In der Nachspielzeit hatte Hofmann mehr Glück. Eine Flanke von Ibrahima Traoré verlängerte André Hahn per Kopf - und Hofmann schoss zum 1:1-Halbzeitstand ein.

Das Tor und eine energische Ansprache vom Trainer halfen den Gastgebern nach dem Seitenwechsel dabei, sich hartnäckiger um Ballbesitz zu bemühen. Die Rollen wurden vertauscht: Gladbach ließ den Ball rotieren, Frankfurt presste. Für Omar Mascarell kam Marius Wolf. Kovac wollte mehr Offensivgefahr.

Die Luft im Stadion war elektrisiert, aber das Spiel verflachte enorm

Die Relevanz der ablaufenden Spielzeit und die allgegenwärtige Chance, mit nur einem weiteren Tor Geschichte zu schreiben, ließen das Spiel ruppiger werden. Die Luft im Stadion war elektrisiert, aber das Spiel verflachte enorm, weil sich immer mehr durch Nervosität verursachte Fehler einschlichen. Nach einem schmerzhaften Zweikampf musste der zwölf Minuten zuvor eingewechselte Wolf in der 71. Minute wieder hinaus, für ihn kam Guillermo Varela. Trotz ausgiebiger Nachspielzeit vermochte Schiedsrichter Deniz Aytekin die Verlängerung eines immer schlechteren Spiels nicht zu verhindern.

Die hinzugewonnene Spielzeit stabilisierte zittrige Fußballerbeine. Gladbach drückte, Frankfurt rackerte, doch Chancen ergaben sich keine. Die Elfmeter mussten entscheiden. Und am Ende jubelten die Frankfurter.

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