Halbfinale der Snooker-WM:Die zwei Veränderten

Bei der Snooker-WM in Sheffield treffen mit Stephen Hendry und Ronnie O'Sullivan zwei alte Bekannte aufeinander. Eine Wiederauflage der Halbfinal-Partie von 1999 - die sportlich anspruchsvollste Begegnung, die es bisher im Snooker gegeben hat.

Jürgen Schmieder

Diese Partie, darin sind sich viele Experten einig, diese Partie war die sportlich anspruchsvollste Begegnung, die es bisher im Snooker gegeben hat. Die Kontrahenten verzichteten auf jedes taktische Sicherheitsspiel, sie gingen jeden Ball offensiv an und spielten so jeweils vier century breaks (Aufnahmen mit mehr als 100 Punkten). Nach zahlreichen Führungswechseln konnte Stephen Hendry nochmals zulegen und Ronnie O'Sullivan im WM-Halbfinale von 1999 besiegen. Als am Mittwochabend feststand, dass Hendry und O'Sullivan sich im Halbfinale der Snooker-WM gegenüberstehen würden (nach dem ersten Teil der Best of 33-Partie stand es 4:4), erinnerten sich viele an diese Partie - das andere Semifinale zwischen Alister Carter und Joe Perry erscheint da fast nebensächlich.

Halbfinale der Snooker-WM: Nach WM-Titeln liegt "The Golden Boy" Stephen Hendry klar vorne.

Nach WM-Titeln liegt "The Golden Boy" Stephen Hendry klar vorne.

(Foto: Foto: Getty)

"The Golden Boy"

Hendry und O'Sullivan sind die Gegenpole im Snooker. Der eine, Hendry, trägt den Spitznamen "The Golden Boy", er führt ein unspektakuläres Privatleben und ist in Interviews stets höflich. O'Sullivan wird "The Rocket" genannt, er leidet an Depressionen und beleidigt gerne mal Journalisten, zuletzt im März in China. Gemeinsam haben die beiden nur den Streit um den Titel "Bester Spieler aller Zeiten". Nach WM-Titeln liegt Hendry klar vorne - was O'Sullivan gewaltig stört. In einem Interview bezeichnete er sich deshalb kürzlich als "Versager".

Immer wieder spielten die beiden an Knotenpunkten ihrer Karriere gegeneinander. 1993 gewann O'Sullivan sein erstes Turnier, Finalgegner war der damalige Weltmeister Hendry. Vor dem WM-Halbfinale 2002 kündigte O'Sullivan an, er werde seinen Gegner "in sein kleines trauriges Leben in Schottland zurückschießen" - und verlor.

Zwei Jahre später revanchierte sich O'Sullivan, er siegte im Halbfinale deutlich und gewann seinen zweiten WM-Titel. Den ungewöhnlichsten Moment zwischen den beiden gab es allerdings im Dezember 2006, als O'Sullivan im Viertelfinale der UK Championship nach einem leichten Fehler das Spiel einfach abbrach und verkündete, keine Lust mehr gehabt zu haben.

Spielübersicht und geduldiges Sicherheitsspiel

Vor dieser WM nannten die Experten keinen der beiden als Favoriten. Hendry konnte seit seinem letzten WM-Sieg 1999 gerade einmal vier Turniere gewinnen, lange Bälle versenkte er nur noch selten. O'Sullivan spielt wie so oft gegen sich selbst, hat seine Nerven nicht im Griff und wird bei den langen WM-Begegnungen zu schnell ungeduldig.

Soweit die Urteile vor der WM. Nun stehen beide im Halbfinale. Sie haben während der ersten Partien gezeigt, dass sie auch im Alter von 39 (Hendry) und 32 Jahren ihr Spiel noch einmal umstellen können. Hendry glänzt durch Spielübersicht und geduldiges Sicherheitsspiel, O'Sullivan bewies im Viertelfinale, dass er sich nicht von einem provozierenden Gegner - Liang Wenbo kehrte an den Tisch zurück, obwohl der frame verloren war - aus der Ruhe bringen lässt.

Vielleicht sind die beiden nicht mehr in der Lage, ihr Duell von 1999 qualitativ zu überbieten. Für die interessanteste Partie dieser ohnehin spannenden Weltmeisterschaft könnte es jedoch allemal reichen.

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