Hängende Spitze:Wohlgeschmack statt Schweineschmalz

Lothar Matthäus glaubt, Augsburg werde seinen Trainer Markus Weinzierl "kaum für ein Butterbrot" nach Schalke ziehen lassen. Damit hat er dem Lebensmittel einen Bärendienst erwiesen.

Von Claudio Catuogno

Der Kölner Konzeptkanzler Konrad Adenauer hatte zur Butter eine eher pragmatische Beziehung: "Wenn ich von jemandem ein Butterbrot haben will, und er bietet mir eine Schnitte trockenes Brot, dann nehme ich die trockene Scheibe; die Butter hole ich mir dann eben später", ließ er wissen. Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach, was man hat, hat man - in dieser Hinsicht war Adenauer noch von den Entbehrungen finsterer Kriegsjahre geprägt. Wobei man schon gerne noch mal nachvollziehen würde, woher genau sich Adenauer die Butter später holte. Und was er damit anstellte, wo er doch die trockene Schnitte bereits verzehrt hatte.

Die Butter ist in der Küche das Gelbe vom Ei, für 'n Appel und 'n Ei ist sie allerdings erst in Zeiten europäischer Butterberge und absurd fallender Milchpreise zu haben. Als August Oetker 1895 seine "Grundlehren der Kochkunst" auf den Markt brachte, war "gute Butter" noch "ein teuerer Haushaltsartikel, und man muss immer bedenken, dass man den hohen Preis nur für den Wohlgeschmack bezahlt, denn bezüglich des Nährwertes leistet ein Pfund Schweineschmalz für den Körper ebenso viel wie ein Pfund Butter".

Nun verwundert es nicht, dass sich soeben auch Lothar Matthäus zum Thema Butter geäußert hat. Matthäus ist quasi der Adenauer unter den Fußballexperten respektive der Dr. Oetker in der Gerüchteküche. Aber der Butter hat Matthäus die angemessene Wertschätzung verweigert, als er prognostizierte, der Augsburger Manager Stefan Reuter werde seinen Trainer Markus Weinzierl "kaum für ein Butterbrot" nach Schalke ziehen lassen; vielmehr müsse Schalke "das Portemonnaie aufmachen" und eine hohe Ablöse hinblättern.

Das mit der Ablöse mag stimmen. Kulinarisch gesprochen hat Schalke allerdings schon vor einem Jahr versucht, sich ein Stück Augsburger Butter zu gönnen, sich dann aber mangels Verfügbarkeit mit Paderborner Schmalz begnügt. Der Nährwert stimmt, Wohlgeschmack hat sich noch nicht eingestellt. Das hätte Lothar Matthäus mal analysieren können, anstatt der Butter einen Bärendienst zu erweisen: Schalke braucht einen Trainer, der die Kartoffeln aus dem Feuer holt, ohne dass der Hund in der Pfanne verrückt wird. Und Geld stinkt nicht.

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