Hängende Spitze:Präsident gesucht, Postleitzahl 4

Fortuna Düsseldorf fahndet mit wilder Entschlossenheit nach einem neuen Vorstandsvorsitzenden, findet aber keinen. Dabei gibt es im Fußball doch nichts Schöneres als das Präsidentenamt, oder?

Von philipp selldorf

"Jeden Sommer, jedes Jahr, trifft sich Düsseldorf auf Ibiza", haben einst die Toten Hosen gedichtet und ihre Heimatstadt als Ort beschrieben, "wo kein Mensch irgendwelche Sorgen hat". Mehr als 30 Jahre sind seitdem vergangen, und das Schöne ist: Was die Hosen damals sangen, das gilt im Großen und Ganzen auch heute noch.

Der Volksmund behauptet mittlerweile sogar, Düsseldorf sei das München des Westens. Diese Meinung beruht auf der hohen Dichte an Luxusboutiquen, Schönheitssalons, Einkommensmillionären und - was nicht identisch ist - Porschefahrern.

Es wundert einen also und andererseits auch wieder gar nicht, dass Fortuna Düsseldorf seit bald zwei Monaten vergeblich einen Vorstandsvorsitzenden sucht.

Die Rheinländer fahnden zwar mit wilder Entschlossenheit nach einem Nachfolger für den im Oktober aus dem Amt beförderten Vorstandschef Dirk Kall, doch es findet sich bisher keiner, der sowohl die Konditionen akzeptiert als auch die messerscharfen Kriterien erfüllt, die der Klub an seinen neuen Vorsitzenden stellt. Bevorzugt werden nach Angaben des zuständigen Aufsichtsratschefs "ehemalige Fußballer aus dem Postleitzahlgebiet 4". Das sollte doch zu machen sein im Grünwald des westdeutschen Fußballs, denkt man.

Irrtum: Christoph Metzelder und Horst Heldt haben die Offerten abgelehnt, Staatspräsident der Fortuna zu werden, und auch der ehemalige Düsseldorfer Michael Ballack ließ sich nicht gewinnen. Im Express stand gar zu lesen, dass 30 weitere Kandidaten abgewunken hätten. Könnte es damit zu tun haben, dass der neue Fortuna-Präsident mit 250 000 Euro abgespeist werden soll? Jahresgehalt, nicht im Monat!

Sicher, nicht allen Präsidenten wird hinterher ein Platz oder eine Straße gewidmet. Mancher, wie Theo "Schreckensherrschaft" Zwanziger, darf nicht einmal damit rechnen, dass beim DFB eine Abstellkammer nach ihm benannt wird. Aber gibt es im Fußball was Schöneres als das Präsidentenamt? Dem Trainer in die Aufstellung reinreden, ihn irgendwann entlassen, jede Woche eine neue Klubhymne schreiben . . . Braucht Campino denn wirklich noch eine Aufforderung?

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