Hängende Spitze:Live aus Otterbach

Thomas Schaaf gegen Markus Merk - solche Streits könnte der Videobeweis bald überflüssig machen.

Von Claudio Catuogno

Nachdem das Fifa-Regelkunde-Gremium IFAB kürzlich bekannt gab, dass ab sofort mit Videoschiedsrichtern experimentiert werden darf, werden nun erste Details der deutschen Planungen bekannt. So haben DFB und DFL entschieden, nicht nur die Kosten gering zu halten, indem man auf zusätzliches Equipment und Personal verzichtet. Man will auch den - an diesem Spieltag erneut heftigen - Schiedsrichter-Debatten ein Ende setzen. In strittigen Szenen soll deshalb zukünftig immer Markus Merk aus Otterbach zugeschaltet werden, der habe "als offizieller Sky-Schiedsrichter eh ein Pay-TV-Abo", heißt es in einem Positionspapier, das der SZ vorschwebt. Merks Urteile wären bindend, die Begründung könnte er bei Twitter nachliefern. Sollte Merk gerade Kaffee holen oder auf dem Klo sein, stünde "Sky-Schiedsrichter Peter Gagelmann" als Ersatz bereit.

Das DFB-Sportgericht mit seinem Vorsitzenden Hans E. Lorenz wird aufgelöst. Dies, so ist von gut informierten Greisen zu hören, habe Karl-Heinz Rummenigge zur Bedingung gemacht. Der Richter Lorenz hatte in mündlichen Urteilen zuletzt mehrmals "FC Bayern" gesagt, ohne dafür eine angemessene Lizenzgebühr zu entrichten. Statt des DFB-Richters soll in der Testphase nun "Bild am Sonntag-Schiri" Thorsten Kinhöfer über Sperren entscheiden.

Fußballromantiker sehen die Pläne kritisch. "Gut, IFAB, was is des? Innovativer Freundeskreis Alternativer Behandlungsmethoden?", fragte etwa Franz Beckenbauer. Für DFB und DFL liegt der Vorteil des Modells hingegen auf der Hand: Der Trend, nach verlorenen Spielen die abgehalfterten Schiedsrichterexperten der TV-Sender und Printmedien zu schelten, werde eingedämmt, wenn diese künftig wieder in amtlicher Funktion tätig seien. So hatte Hannover-Trainer Thomas Schaaf am Samstag - und zwar jetzt mal ganz im Ernst - geklagt, Merks Expertisen bei Sky seien für ihn "der Ober-GAU", "der Hammer" und "unfassbar". Merk hatte sich gewundert, dass die 96-Spieler sich nach einem verweigerten Elfmeter nicht beschwert hatten, dazu Schaaf: "Wenn ein Spieler zum Schiedsrichter läuft und sich beschwert, wird er doch sofort gemaßregelt oder gesperrt." Beobachter nannten diesen Streit später völlig überflüssig und warfen Schaaf vor, bloß von eigenen Versäumnissen abzulenken.

Auch um solche Scharmützel künftig zu verhindern, stehen die aktiven DFB-Schiedsrichter den Plänen aufgeschlossen gegenüber. Entscheidend sei, "dass unsere Autorität nicht beschädigt wird", teilte die Gruppe mit. "Solange aber Ex-Schiedsrichter auf allen Kanälen ungefragt mitplappern, ist das infrage gestellt." Möglicherweise gelinge es mit dem Pilotprojekt, Merk, Gagelmann, Kinhöfer und Co. in offiziellen Ämtern wieder zur Raison zu bringen.

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