Hängende Spitze:Im Namen der Null

Huub Stevens ist wieder da - mit den gleichen Sätzen und taktischen Vorlieben wie bei seinem Bundesliga-Debüt vor 19 Jahren. Sein Faible für Defensive verfolgt ihn bei den Journalisten so sehr, dass er deswegen gleich wieder herrlich herumknurrt.

Von philipp selldorf

Huub Stevens hat gesagt, dass auch ihm ein 4:3 lieber sei als ein 1:0, aber er hat auch festgestellt, dass er jetzt erst mal "hinten anfangen" müsse, "um die Jungens wieder Erfolg und Spaß zu bringen". So war das damals im Jahr 1996, als Huub Stevens, 43, über die Grenze kam, um in Gelsenkirchen sein erstes Bundesliga-Mandat anzunehmen. Viele typische Sätze haben diese Mission begleitet: "Es geht nicht um den Trainer oder den Manager, es geht um Schalke", lautete einer, das Publikum hörte ihn so oft, wie die Sonne über dem Ruhrgebiet aufging. "Man muss realistisch bleiben", war ein anderer. Der verhängnisvollste Satz aber hieß: "Die Null muss stehen." Der Tag, an dem der vorwitzige Professor Olaf Thon den strategischen Leitgedanken seines Trainers publik machte, ist für Huub Stevens ein verfluchter Tag. Er hasst es, dass ihm diese Sentenz angehängt wird, aber sie verfolgt ihn wie ein Schatten.

19 Jahre später saß Stevens am Samstag im Kölner Stadion und setzte den bösen Blick auf, mit dem er schon Abertausende Spieler und Reporter eingeschüchtert hat. Seemänner ängstigen sich vor dem Klabautermann, in der Bundesliga aber verbreiten die wutfunkelnden Augen von Stevens Angst und Schrecken. 0:0 war sein erstes Spiel mit Hoffenheim ausgegangen, und nun glaubte Stevens, die Gedanken der Leute lesen zu können: Die Null muss stehen - das war es, was sie jetzt wieder über ihn dachten: "Wenn du deine Mannschaft aufbaust, dann tust du das von hinten nach vorn", versuchte er ihnen zu erklären, wie er es einst auf Schalke getan hatte, doch er wusste, dass sie ihn nicht verstehen wollten. "Dann bin ich eben wieder der Defensivtrainer", schnaubte er beleidigt. Ja, er ist wieder da. Danke.

Man sagt, jeder Mensch auf der Welt habe einen Doppelgänger, aber es gibt nur ein' Rudi Völler und nur einen Huub Stevens. "Es macht noch immer Spaß, das ist das Allerwichtigste", sagte er am Samstag. Dann schritt er davon in seinem schwankenden Gang, den die Jahre auf dem Trainingsplatz gezeichnet haben. Vermutlich hat er bereits nachgedacht, wie er nächsten Samstag gegen Frankfurt den Stand der Null erhält.

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