Hängende Spitze:Ein Fall für die Neujahrsansprache

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Das 1:0 gegen Frankfurt war Manuel Neuers 150. Ligaspiel mit "weißer Weste". Dass der FC Bayern ihm dafür keine Trophäe aus Gold überreicht hat, ist ein großes Versäumnis. Auch Oliver Kahn dürfte wütend sein.

Von Philipp Selldorf

Der Sport-Informations-Dienst berichtet unter der Rubrik "Zahlendribbling", dass Manuel Neuer am Samstag einen Gedenktag erlebt hat, der nicht nur von den gewöhnlichen Menschen, sondern sogar von seinem eigenen Verein übersehen wurde. Neuer hat beim 1:0-Sieg mit Bayern München gegen Eintracht Frankfurt sein 150. Bundesligaspiel ohne Gegentor bestritten. Es stimmt zwar, dass er zu dieser faszinierenden Zahl nicht viel beigetragen hat, weil die Frankfurter in der Kürze der 90 Minuten nicht dazu kamen, relevant auf sein Tor zu schießen. Dennoch verwundert es, dass es der allmächtige und allwissende FC Bayern unterlassen hat, die außerordentliche Leistung des verdienten Mitarbeiters zu würdigen, etwa durch die Überreichung einer weißen Weste aus purem Gold. Mutmaßungen über ein schuldhaftes Versäumen sind jedoch nicht ratsam. Sie könnten als "herabwürdigende Äußerung" aufgefasst werden - es droht dann eine messerscharfe Erwiderung durch den Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge. Diese könnte besagen, dass man "gut beraten wäre, sich nicht mit dem FC Bayern anzulegen". Schlaflose Nächte wären die Folge.

In der Fachsprache wird einem Torhüter, der kein Gegentor bekommt, eine "weiße Weste" zugesprochen. Die meisten weißen Westen in der Bundesligageschichte haben Oliver Kahn (204) und Oliver Reck (176) erhalten. Für weiße Westen werden keine Kleiderbügel benötigt, der sid bewahrt sie in der Abteilung für Zahlendribblings auf. Während Kahn 557 und Reck 471 Bundesligaspiele absolvierte, hat Neuer erst 311 Spiele hinter sich. Relativ betrachtet, steht er somit besser da als seine beiden aus dem Dienst geschiedenen Kollegen. Experten aus dem In- und Ausland gehen davon aus, dass sich Neuer spätestens Weihnachten 2017 an die Spitze dieser Wertung setzen wird, so dass der Vorgang noch in der Neujahrsansprache der Bundeskanzler Erwähnung finden wird. Dass Oliver Kahn nach der Bekanntmachung von Neuers Jubiläum einen schweren Wutanfall bekommen und "erheblich randaliert" haben soll, stand zwar nicht im Münchner Polizeibericht, ist aber bestens denkbar. Sollte er erwägen, ein hübsches Feuerchen in der Abteilung für Zahlendribblings zu legen, wäre dagegen nichts einzuwenden. Gern wären wir ihm mit einem Streichholz behilflich.

© SZ vom 04.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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