Hängende Spitze:Die Legende vom heiligen Julian

Dass Hoffenheims Trainer seinen roten Mantel versteigert, erinnert an einen anderen historischen Barmherzigen.

Von Markus Schäflein

Wer etwas Gutes tun will, greift zu diesem Zweck seit jeher gerne auf einen Mantel zurück. Berühmt ist Sankt Martin, der im bitterkalten Winter am Stadttor von Amiens einem nackten Armen begegnete. Er nahm sein Schwert und teilte seinen Soldatenmantel mitten entzwei; den einen Teil gab er dem Bettler, in den anderen Teil hüllte er sich selbst. Weniger bekannt ist, dass die heilige Elisabeth ihren kompletten Mantel einem Bedürftigen spendete und anschließend einen neuen Mantel in ihrem Schrank vorfand, sodass sie davon ausging, der Bettler sei ein Engel gewesen.

In dieser Tradition steht nun also Julian Nagelsmann, der Trainer von 1899 Hoffenheim. Er hat jenen roten Mantel, mit dem er einst Gerüchte um einen Wechsel zum FC Bayern München befeuert hatte, im Internet versteigert. Er tue das "nicht, weil er mir nicht mehr gefällt", erklärte er dem Kicker: "Ich finde ihn immer noch schön, aber ich habe ihn bei Ebay reingestellt."

1560 Euro brachte der Mantel ein, die der heilige Julian nun der Jugendhilfe-Organisation "Freezone Straßenkids Mannheim" zukommen lässt. Genervt war er ohnehin von der Farb-Legende. Auf die Frage, welchen Klub er lieber trainieren würde, sagte er: "Hoffenheim! Da bin ich Trainer. Trotz meines roten Mantels, meiner roten Schuhe und einer roten Cola-Flasche. Ich habe sogar ein rotes Auto, uiuiui. Ich habe übrigens auch einen gelben Mantel, aber der steht mir nicht so gut."

Da geht es Nagelsmann wie dem heiligen Nikolaus, dessen roter Mantel auch falsch eingeordnet wird: Er ist keine Erfindung von Coca-Cola (sic!). In den Siebzigerjahren des 19. Jahrhunderts zeichnete der Karikaturist Thomas Nast den aus Holland in die USA importierten Sinterklaas vorwiegend mit einem roten, ab und zu aber auch mit blauem oder grünem Mantel. Den FC Bayern gab es damals glücklicherweise noch gar nicht.

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