Hängende Spitze:Der Anarchist aus Cottbus

Der Trainer "Pelé" Wollitz ruft die Regionalliga zum Streik auf. Zwar bringt er damit in der vierten Liga einiges durcheinander. Trotzdem gut!

Von Philipp Selldorf

Claus-Dieter "Pelé" Wollitz war als Fußballer zu genialen Momenten fähig und galt nach dem Abschluss seines Diploms als interessante Variante für den Trainer-Markt. Letzteres mag immer noch gelten, wenngleich er seine Tätigkeit seit Längerem in die Regionalliga verlegt hat. Zurzeit ist Wollitz zum wiederholten Male beim FC Energie Cottbus beschäftigt, und dort hatte er am Freitag nicht nur einen seiner genialen Momente, sondern auch einen seiner berühmten Wutausbrüche, dem aber wegen der unseligen Dominanz von Donald Trump und der nicht endenden Medaillenflut für deutsche Biathleten die verdiente Aufmerksamkeit in den Hauptnachrichten versagt blieb. Wollitz stellte fest, dass sich der DFB um das Wohlergehen von Jogi Löws Nationalelf, ums Geldverdienen und das Ausstellen hoher Bußgeldbescheide kümmere - "aber wie der DFB die kleineren Vereine unterstützt, das ist an Lächerlichkeit nicht zu überbieten".

Nun hat das Eine nicht zwingend mit dem Anderen zu tun, das kann dem Revolutionär aber egal sein: Wollitz, der im Laufe der Jahre nicht von ungefähr das Aussehen eines russischen Anarchisten aus dem späten 19. Jahrhundert angenommen hat, hält sich nicht mit lähmenden Differenzierungen auf. Deshalb gelingt es ihm, die WM 2026 mit dem Schicksal der Regionalliga-Nordost zu verknüpfen: "Jetzt machen sie einen großen Aufruhr, weil 48 Länder bei der WM spielen. Aber dass ein Erster nicht aufsteigen darf - darüber macht sich keiner Gedanken." Aus den fünf deutschen Regionalligen dürfen lediglich drei Klubs in die dritte Liga aufsteigen - ein destruktives Verfahren, meint Wollitz, weshalb er am Ende auch noch zum Ausstand aufgerufen hat. "Ich fordere alle Regionalligisten auf, in den Streik zu gehen", sagte er. Und womit? Mit Recht. Man sollte lieber dem Wüterich Wollitz als dem Wüterich Trump zuhören.

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