Hängende Spitze:Beschwerde aus dem Dirndl-Milieu

Jetzt klagen schon die Frauen der Trainer: Claudia Effenberg moniert eine Entscheidung zu Ungunsten ihres Mannes Stefan.

Von Ulrich Hartmann

Im Twitter-Account "@ClaudiEffenberg" wird vornehmlich Werbung für Dirndl gemacht. Das könnte daran liegen, dass die Betreiberin in München mit bayerischer Tracht handelt. Anderweitige Gedanken in der virtuellen Mitteilungsbox widmen sich wohlwollend dem ostwestfälischen Zweitliga-Fußballklub SC Paderborn. Dort versucht der Gatte, Stefan Effenberg, als Trainer seit elf Spielen vergeblich, mal wieder einen Sieg zu landen. Der bisher letzte für Paderborn datiert aus dem Herbst. Kurz zuvor war in München das Oktoberfest zu Ende gegangen. Die Effenbergs trösten sich gerade gegenseitig über schwierige konjunkturelle Lagen hinweg.

Im Dirndl-Business wird mit Assoziationen von Freude, Liebe und Anmut gearbeitet. Schleifen, Blumen und Herzerl prägen sowohl den Stil der Mode als auch ihr Lebensgefühl. Die Welt ist schön, erst recht, wenn alle gut zueinander sind.

Für den Fußball aber gilt das nicht einmal im Friede-Freude-Herzerl-Account: "Eine Unverschämtheit dieser Schiedsrichter", twitterte Claudia Effenberg am Samstag, weil den Paderbornern beim 0:1 gegen Leipzig ein reguläres Tor verweigert worden war. Der Groll zielte auf Florian Meyer.

Der Schiedsrichter ist immer der Depp. Alle anderen können schon während des Spiels in der Superzeitlupe anschauen, wie sich die Dinge tatsächlich zugetragen haben. Sind sie sich ihrer Sache erst sicher, schimpfen sie los. Im Internet folgt meist die zweite Welle der Entrüstung.

"Schiedsrichter können kaum noch Entscheidungen fällen, die nicht von allen Seiten sofort kritisiert werden", hat Schiedsrichter-Boss Herbert Fandel jüngst geklagt, nachdem sich Leverkusens Trainer Roger Schmidt geweigert hatte, einem Verweis auf die Tribüne zu folgen. "Verbale Entgleisungen häufen sich", behauptete Fandel, als er den Seitenhieb aus dem Dirndl-Milieu noch gar nicht kennen konnte. Schon fürchtet Fandel die Apokalypse: "die Zerstörung unserer Fußballkultur".

Dabei wäre es so einfach: Herbert Fandel und Claudia Effenberg ertwittern gemeinsam beim Fußball-Weltverband die schnelle Freigabe des Videobeweises. Danach könnten sie sich wieder der Schiedsrichterweiterbildung und dem Trachtenhandel widmen. Und über allen Stadien wäre Ruh'.

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