Grundlagenvertrag:Den Schlamassel haben die Amateurklubs

Grundlagenvertrag: Amateure gegen Profis: Bernd Rosinger (links) von den Sportfreunden Lotte im Zweikampf mit Matthias Ginter von Borussia Dortmund. Der Drittligist hatte beim 0:3 im DFB-Pokal-Viertelfinale gegen den BVB keine Chance.

Amateure gegen Profis: Bernd Rosinger (links) von den Sportfreunden Lotte im Zweikampf mit Matthias Ginter von Borussia Dortmund. Der Drittligist hatte beim 0:3 im DFB-Pokal-Viertelfinale gegen den BVB keine Chance.

(Foto: AP)

Die verborgen gehaltene Zusatzvereinbarung im Grundlagenvertrag zwischen DFB und der DFL wirft Fragen auf. Zum Beispiel: Warum profitieren nur die Profivereine?

Kommentar von Thomas Kistner

Pacta sunt servanda - nein, das ist kein lateinischer Geheimcode, der die Abtretung der Persönlichkeitsrechte von Fußballprofis an eine Offshore-Firma regelt. So wird das Prinzip der Vertragstreue umschrieben: Verträge sind einzuhalten. Wer diesen Grundsatz bricht, handelt unanständig, in der Regel sogar rechtswidrig.

Nach Lage der Dinge könnte die Furcht vor Entdeckung einer Rechtswidrigkeit hinter den Verhaltensauffälligkeiten stecken, die der Deutsche Fußball-Bund und die Deutsche Fußball-Liga beim Thema Grundlagenvertrag offenbaren. Genauer: Sobald es um die Zusatzvereinbarung geht, welche die Spitzen von DFB und DFL 2013 ausgekartelt und 2016 bekräftigt haben.

Diese konsequent verborgene Nebenabrede hebelt die zentrale Vereinbarung aus, an die sie geknüpft wurde: Dass die Profitochter DFL dem DFB einen fixen Pachtzins von drei Prozent aus allen Medien- und Ticketeinkünften zu zahlen hat. Geld, das letztlich dem sieben Millionen Mitglieder umfassenden Amateur- und Jugendbereich zugutekommt.

Der DFB raunt über steuerliche Aspekte

Nun fragt sich, wem dient so eine Absprache? Warum wurde sie so riskant getroffen: klandestin, vorbei an den zuständigen Gremien? Die Erklärung der Heimlichtuerei erscheint klar: Es wäre verdammt unpopulär, so einen Deal offen auszubreiten. Profiteur ist die DFL, aber den Schlamassel hat der DFB. Wollten dessen Spitzen die Liga zufriedenstellen? Erst 2013 Wolfgang Niersbach, ein großer Fan des Profilagers, dann 2016 Reinhard Grindel, der dort nur geduldete Nachfolger des gestürzten Niersbach?

Statt das Versteckspiel zu erklären, bieten beide Seiten Rechenspiele an, die keiner Prüfung standhalten. Der DFB raunt über steuerliche Aspekte. Und die DFL in ihrem heiligen Zorn tut so, als sei ihr der Profifußball direkt vom Himmel in den Schoß gefallen. Sie verweist auf dreistellige Millionenbeträge, auf die der DFB wegen des Grundlagenvertrages komme.

Ohne Nachwuchsarbeit ist auch in Deutschland Spitzenfußball nicht möglich

Aber das sind ja keine Geschenke. Nationalelf und DFB-Pokal gehören dem DFB. Und der DFB ist auch der Boden, aus dem dieses Profigewerbe erwächst, das nach ständig mehr Geld giert für wirtschaftlich legitime, aber gesellschaftlich irrelevante Bedürfnisse wie anschwellende Transfersummen oder Saläre für Spieler und Berater. Ohne Nachwuchsarbeit ist auch hierzulande Spitzenfußball nicht möglich. Vor allem aber investiert der Steuerzahler zusätzlich massiv in diese schillernde Kickerindustrie. Über ständig wachsende Polizeikosten, über Stadion- und Infrastrukturprojekte, die nun wieder anstehen, für eine Fußball-EM 2024 in Deutschland.

Auch deshalb gibt es in dieser Affäre jetzt eine Menge zu klären.

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