Großer Preis von Deutschland:Nutzlose Überlegenheit

Alonso siegt in Hockenheim, weil es bei McLaren-Mercedes zu technischem auch menschliches Versagen kommt.

Von René Hofmann

Hockenheim - Die große Sause endete mit einer peinlichen Panne. Der Finne Kimi Räikkönen hätte in seinem McLaren-Mercedes den Großen Preis von Deutschland auf dem Hockenheimring gewinnen können.

Locker, überlegen. Räikkönen war am Samstag in der Qualifikation mit Abstand der Schnellste gewesen, und am Sonntag im Rennen war er es auch. 36 Runden lang. 9,6 Sekunden jagte er vor Renault-Pilot Fernando Alonso daher, als plötzlich der Hydraulikdruck abfiel und kurz darauf die Hinterräder blockierten.

Räikkönens dritter technisch bedingter Ausfall brachte Alonso seinen sechsten Saisonsieg. Zweiter wurde Räikkönens Teamkollege Juan Pablo Montoya vor Jenson Button im BAR-Honda und Renault-Pilot Giancarlo Fisichella, der sich in der finalen Runde noch an Michael Schumacher vorbeischob, dessen Ferrari sich mit einer stockenden Benzinzufuhr dahinschleppte.

In der Fahrerwertung bringt das dem Spanier Alonso nach dem zwölften von 19 Läufen 36Punkte Vorsprung auf Räikkönen und 40 auf Schumacher.

Es staubt, scheppert, raucht

"Das war ein fantastischer Tag", freute sich Alonso, "fast ein wenig langweilig." Räikkönen verließ kommentarlos die Strecke. "Es ist ein frustrierend", stöhnte Montoya. Mercedes-Sportchef Norbert Haug grollte im ersten Ärger: "Unsere Zuverlässigkeit muss so gut wie unser Tempo werden."

Die Niederlage kommt einer Entscheidung im Streit um den Fahrertitel gleich. So zuverlässig wie die Renaults unterwegs sind und so souverän wie Alonso mit dem Druck umgeht, wird er sich die Chance, zum jüngsten Meister der Serie aufzusteigen, kaum mehr nehmen lassen.

Auch in Hockenheim umkurvte er alle brenzligen Situationen spielerisch. Nach den ersten hundert Metern vollführt die Strecke einen scharfen Rechtsknick. Dort staubt, scheppert oder raucht es bei so gut wie jedem Rennen, und auch bei der Formel 1 brachte der Start das erwartete Durcheinander. Takuma Sato geriet mit einem Rivalen aneinander, Rubens Barrichello mit Jacques Villeneuve.

An der Spitze reihten sich die Autos allerdings in der Folge auf, die nach der Qualifikation nahe lag. Räikkönen stürmte vom besten Startplatz aus als Erster in die erste Biegung. Alonso kam ihm zwar nahe, im letzten Moment aber doch nicht vorbei.

Dahinter sortierten sich die Verfolger in der Farbfolge rot, weiß, hellblau: Michael Schumacher vor Button (BAR-Honda) und Fisichella (Renault). So blieb es. Quälend lange.

Erst, als den Autos nach und nach der Treibstoff ausging, kam wieder Bewegung ins Feld. Button hielt in der 21. Runde zum ersten Mal an der Box. Alonso und Michael Schumacher kamen zwei Umdrehungen später. Räikkönen absolvierte noch einmal zwei Umläufe mehr, was die Überlegenheit des McLarens an diesem Wochenende noch einmal unterstrich: Räikkönen war seine überlegene Runde in der Qualifikation mit mehr Benzin und damit mehr Ballast geglückt, als seine Widersacher trugen.

Wie schon bei den vergangenen Wettfahrten hätte McLaren in Hockenheim mit beiden Wagen dominieren und den Rückstand auf Alonso verkürzen können.

In Montreal scheiterte der Plan, weil Montoya nach einem Abstecher in die Boxengasse eine rote Ampel ignorierte und disqualifiziert wurde. In Magny-Cours und in Silverstone gingen an den Trainingstagen bei Räikkönen zwei Motoren kaputt, was ihm eine Strafversetzung in der Startaufstellung einbrachte.

Die gleiche Strafe war zuvor schon Montoya in Monaco widerfahren, als er bei den Übungsläufen auf einem schwer einsehbaren Teil der Strecke ungebührend bummelte. In Bahrain und in Imola entgingen der Equipe Punkte, weil Montoya wegen eines Sportunfalls fehlte. Die Serie aus Pech und Unvermögen - sie nimmt einfach kein Ende.

Zu viel gewollt

Der Hockenheimring ist das Heimrennen von Teilhaber Mercedes. Markenvorstand Eckhard Cordes war zu diesem Anlass bereits am Samstag an die Asphaltschleife gekommen, Konzernchef Jürgen Schrempp rückte am Sonntag mit Kind und Kindermädchen an.

Die Mercedes-Arena war die einzige wirklich gut gefüllte Tribüne. In der Einführungsrunde hielten die 6000 Zuschauer dort unterschiedlich gefärbte Schildchen vors Gesicht, so dass aus der Ferne betrachtet die Aufforderung entstand: "Go Kimi, Go Juan."

Auf Platz eins kam keiner der beiden, weil dieses Mal menschliches und technisches Versagen zusammentrafen. Montoya hat sich selbst zuzuschreiben, dass er nicht gewann, obwohl er im schnellsten Auto saß.

Auf der Qualifikationsrunde hatte er schlicht zu viel gewollt. Nach der zweiten von drei Zwischenzeiten war klar, dass er hinter Räikkönen mühelos den zweiten oder den dritten Rang würde belegen können, was mit Blick auf einen doppelten Erfolg viel wert gewesen wäre.

Doch Montoya wollte mehr: Er wollte am Start endlich einmal vor Räikkönen stehen. Er wollte ganz vorne stehen. In der letzten Kurve übertrieb es der Kolumbianer. Er verlor die Kontrolle über seinen Wagen, woraufhin der sich in einen Reifenstapel bohrte.

"Ich habe einen Fehler gemacht", gab Montoya zu, tönte aber gleich: "Ich bin nicht hier, um Zweiter zu werden. Wenn das Team so einen Fahrer will, hätte es einen anderen verpflichten müssen." Diese Einstellung wird Alonso bald den Titel bringen.

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