Golfer Rory McIlroy:Nur der Himmel zeigt ihm Grenzen auf

143rd Open Championship - Round Four

Brillant in jungen Jahren: Rory McIlroy.

(Foto: Getty Images)

Rory McIlroys Talent wurden früh Ausmaße wie dem von Tiger Woods nachgesagt - zu Recht, wie sich bei den British Open zeigt. Sogar Branchenprimus Woods zollt tiefen Respekt.

Von Gerald Kleffmann, Liverpool

7000 Menschen die Hand zu schütteln, möglicherweise hätte er dies geschafft, wenn es länger hell geblieben wäre. Aber dann setzte doch die Dämmerung ein über der spektakulären Szenerie des Royal Liverpool Golf Club. Allmählich zogen die vielen Besucher ab, die hier auf der Halbinsel Wirral den ganzen Finaltag ausgeharrt hatten auf den Tribünen. Horseshoe, Hufeisen wird die neue monströse Arena genannt, weil sie sich wie eben ein solches ums letzte Grün legt.

"Das ist der beste Marsch auf die 18. Bahn, den es gibt", sagte fast ergriffen einer der beiden Zweitplatzierten. Das wollte etwas heißen. Ricky Fowler ist sonst lässig wie James Bond. Einer, der auf den konservativen Golferstil pfeift und in Knallorange und mit Clarke-Gable-Bärtchen seine Arbeit verrichtet. "Gratulation an Rory", sprach der 25-jährige Amerikaner aus Kalifornien mit fester Stimme und erkannte an: "Er hat großartig gespielt. Ihn siegen zu sehen, war ziemlich cool." Wer wollte ihm widersprechen?

Fowler hatte das Glück, einen der besten Zuschauerplätze zu haben, er absolvierte die Schlussrunde mit dem Nordiren, aber natürlich folgte auch die Golfwelt diesem Athleten Rory McIlroy aus Holywood, der nun einen weiteren Eintrag in die Geschichtsbücher provozierte: der dritte Spieler nach den Amerikanern Jack Nicklaus und Tiger Woods, der es schafft, bis zum Alter von 25 drei Majors zu gewinnen. Aber auch: der jüngste Champion der British Open seit Woods im Jahr 2000, der damals 24 war.

Ritterschlag von Woods

"Ich bin so stolz auf mich, ich hätte nie geträumt, so früh an diesem Punkt in meiner Karriere zu sein", sagte McIlroy, der schnell gefasst war und keine Tränen unterdrücken musste wie auf der 18. Bahn. Im Hintergrund hatte ja schon Mutter Rosie aufgelöst gewartet. Überraschend, nein, das war dieser Erfolg nicht. "Wenn er die Sache ins Laufen bringt, läuft sie", hatte Woods vorab Respekt gezollt, quasi ein Ritterschlag, so vom früheren Dominator an den jetzigen Dominator. Zumindest kann McIlroy dieser Rolle nicht mehr ausweichen. Das will er auch nicht. "Ich habe immer gesagt, dass Golf ja jemanden sucht, der die Hand hebt und es versucht. Und ich habe immer gesagt, ich möchte diese Person sein." Vermessen klang das nicht, eher realistisch.

Sein Weg war ja schon zeitig darauf ausgerichtet, einer der Besten seiner Disziplin zu werden. Als Junior zerlegte er mit seinem atemberaubend offensiven Stil selbst schwere Plätze, mit 17 glänzte er bei der Dubai Desert Classic, durfte das Preisgeld aber nicht annehmen als Amateur. Er hielt auch als Profi, der er 2007 wurde, das Versprechen, das andere in ihm sahen. Sieben Turniere hat er gewonnen bislang, bei 24 Majors erreichte er neun Mal einen Top-Ten-Rang, 2011 schaffte er den ersten Major-Triumph bei der US Open, 2012 räumte er noch die PGA Championship ab. Da war er schon die Nummer eins der Weltrangliste. Und, klar, noch ein Rekord dabei, er war nach Woods (21) mit 22 Jahren der Zweitjüngste an der Spitze. Hat der Himmel für so einen Grenzen? Ja, hat er beruhigenderweise.

Probleme mit den neuen Schlägern

Sein erstes und bislang einziges schwieriges Jahr begann 2013 mit einem Ausrüsterwechsel, der McIlroy angeblich 190 Millionen Euro bis 2023 einbringt. Dieser Schritt helfe ihm, "meinen Traum zu leben", sagte er dazu. Angst vor speziellen Zahlen hatte er noch nie, doch mit den Nike-Schlägern in der Hand lief es nicht rund zunächst. Golfprofis haben von Haus aus ein empfindsames Verhältnis zu ihren Arbeitsgeräten, und wer jahrelang ein Fabrikat spielte (bei McIlroy war es Titleist) und dann überläuft, hat oft Probleme.

Das war auch bei Woods so, die nächste Parallele. Darüber hinaus genoss McIlroy offenbar zu sehr seinen Status als Prominenter, seine Beziehung zur Tennisspielerin Caroline Wozniacki lebte er sehr öffentlich. Die Pointe in diesem Fall ist bekannt, obwohl schon die Einladungen für die Hochzeit verschickt waren, stornierte McIlroy das Ereignis, er sei doch nicht so weit.

Während Wozniacki litt und bemitleidet wurde, fokussierte sich McIlroy wieder mehr aufs Golf, wie er einräumte. "Ich denke morgens an Golf, und ich denke abends an Golf", betonte er. Auch eine laufende gerichtliche Auseinandersetzung mit seiner früheren Management-Agentur, bei der es um millionenhohe Provisionen geht, belastet ihn offenbar wenig.

In dieser Saison tut McIlroy einfach so, als habe es 2013 nicht gegeben, oder er hat die richtigen Schlüsse gezogen, jedenfalls spiegeln seine Leistungen sein Potenzial wider. Bei elf Starts auf der US Tour landete er sieben Mal in den Top Zehn, auf der European Tour gelang ihm das viermal bei neun Auftritten. "Seine Art zu spielen, ist sehr aggressiv", lobte Woods in Hoylake, wo die British Open ausgetragen wurden. "Das ist seine Natur, dieses Spiel zu spielen." Davon konnten sich 202 900 Zuschauer in der Woche überzeugen.

McIlroy zerpflückte an den ersten beiden Tagen den Par-72-Kurs (jeweils 66), als sei dieser kein kniffliger Dünenplatz, begünstigt durch gute Wetterverhältnisse freilich. Er griff oft zum Driver und entschied mit im Schnitt 299 Metern Länge die Abschlagstatistik für sich. Fowler, auch so ein begnadetes Talent gleichen Jahrgangs, hatte sich für den Schlusstag vorgenommen, McIlroy, der mit sechs Schlägen Vorsprung auf die letzten 18 Bahnen ging, "ein bisschen unter Druck zu setzen", viel mehr als eine Hoffnung war das nicht. Es wurde tatsächlich richtig spannend, McIlroy unterliefen drei Bogeys (eins über Par), während das Feld, allen voran der tapfere Spanier Sergio Garcia und Fowler, dranblieb und aufholte.

Der Endspurt der beiden kam indes "zu spät", wie Fowler zugab, mit einer soliden 71er-Runde und insgesamt 271 Schlägen hielt McIlroy unter Ovationen die beiden Konkurrenten mit zwei Schlägen auf Distanz. "Es könnte ein bisschen Aufregung geben im April", das hat McIlroy noch gemeint. Er hat dabei frech gelacht, er weiß, es ist ja schöne Aufregung. Beim Masters in Augusta, traditionell dem ersten von vier Majors, kann er den Karriere-Grand-Slam verwirklichen. Er freue sich schon auf das Turnier, "ich habe mich dort stets vom Abschlag bis zum Grün wohl gefühlt". Die Golfwelt sollte sich spätestens dann wieder auf etwas gefasst machen.

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