golf training:Eine Frage der Ehre

Anfänger Rabbit bereitet sich auf die Platzreifeprüfung vor. Stress und Unbewegliche Hemmnisse machen ihn nervös.

Zur Bestimmung des nächstgelegenen Punktes ohne Behinderung durch ein unbewegliches Hemmnis sollte derjenige Schläger benutzt werden, den der Spieler aus dieser Lage benutzen würde,wenn die Behinderung nicht vorhanden wäre.

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(Foto: Illustration: Georg Berg)

Richtig? Falsch?

Typisch, denkt Rabbit . Typisch deutsch, sich um halb ein Uhr nachts mit so einem, mit Verlaub: Kram aufhalten zu müssen. In Amerika müsste man leben, oder in England. Freie Länder sind das, ohne diese elende Bürokratie, die alles reglementiert und alles hemmt. Ist das ein Wunder, dass sie in Amerika und England Wirtschaftswachstum ohne Ende und Vollbeschäftigung haben? Wir hingegen: Lernen nachts für die Platzreifeprüfung, statt zu investieren und zu konsumieren. Beschäftigen uns mit unbeweglichen Hemmnissen. Ist das ganze Land nicht ein einziges unbewegliches Hemmnis?

Herr Hase, der sich mit gutem Grund "Rabbit" nennt - Golf- Englisch für:"Anfänger" - überlegt kurz, was wohl auf Englisch Platzreifeprüfung hieße, wenn es so etwas dort gäbe. "Course maturity examination"? Ach Gott. In England und Amerika, wo sowieso alles besser ist, üben die Clubs sehr souverän ihr Hausrecht aus. Dort lassen sie, im Prinzip, jeden auf den Platz und wer stört, den holen sie eben wieder runter. Hier hingegen: bürokratisierte Demokratie. Platzreifeprüfung mit theoretischem Teil und praktischem Teil und trotzdem willkürlich, weil es kein einheitliches Prüfungsprogramm gibt. Das Ergebnis: Stress, wie vor der Führerscheinprüfung. Nachts um halb eins das Regelquiz auf der Homepage der Vereinigung clubfreier Golfer, VcG. Die VcG hat so etwas wie allgemeine Standards für die Prüfungen entwickelt, eine gute Adresse also, um sich vorzubereiten. Richtig? Falsch?

In der letzten Schnupperkurs-Stunde vor der Prüfung hat nur Herbert, unser Junior, sein Lachen nicht verloren. Der Kerl, 16 Jahre alt, haut den Ball raus wie nichts. Herbert ist derart gesegnet mit Talent, dass John, unser Pro , einen Teufel tun wird, ihn bei der Platzreifeprüfung durchfallen zu lassen, wegen der Theorie.

"Hör mal Herbert", sagte John,"ein Ball ist auf einem Maulwurfshügel gelandet. Darfst du straflos Erleichterung in Anspruch nehmen?" Rabbit musste in dem Moment an "Erdgänge grabende Tiere" denken. Herbert aber lachte nur. Er kriegte sich gar nicht mehr ein vor lachen: Erleichterung auf dem Maulwurfshügel. Herbert muss an irgendetwas anderes gedacht haben bei dem Wort. Nicht einmal die nette Frau Hohlmüller hat mitgelacht. Ob sie zur Prüfung antritt, wisse sie noch nicht, sagte sie. Vielleicht will sie, statt mit ihrem pensionierten Herrn Hohlmüller ein paar Runden zu spielen, sich in Zukunft doch lieber ihren Blumen zuwenden. Schließlich ist sie seinerzeit schon drei Mal für den Führerschein angetreten zur Prüfung. Das will sie sich nicht noch einmal antun.

Eine Frage der Ehre

Herr Bücher, unser Manager in Golfweste und Karohose, denkt gar nicht ans Aufgeben. Er nervte den Pro in der letzten Stunde mit seiner Frage zur Pitchmarke . Die Frage geht so: Der Ball eines Spielers liegt außerhalb des Grüns. Auf seiner Spiellinie auf dem Grün befindet sich eine Pitchmarke, ebenfalls auf seiner Spiellinie, aber noch auf dem Vorgrün , befindet sich Sand. Was darf der Spieler zur Verbesserung der Spiellinie tun? Richtig ist: Er darf die Pitchmarke ausbessern, aber den Sand nicht entfernen. Herr Bücher wollte nun ganz genau wissen: Warum? Warum darf man hier den Sand nicht entfernen - und warum darf man auf dem Fairway einen Wurmhaufen entfernen, obwohl doch der auch vorwiegend aus Sand besteht? Herr Bücher sagt, er könne sich nichts Schlimmeres vorstellen, als durch die theoretische Prüfung zu rasseln. Wie soll man das jemandem erklären? In der Praxis kann man schon mal versagen, aber in der Theorie? Hält einen da nicht jeder für einen Idioten? Muss ein Golfer nicht vor allem die Theorie intus haben? Rabbit hat sich noch nicht entschieden, wovor er mehr Angst haben soll. Aber im Prinzip ist er eher ein Mann der Praxis. Das redet er sich zumindest ein. Natürlich hätte er eine x-beliebige Platzreifeprüfung ablegen können. Sogar Reiseveranstalter bieten ja Platzreifeprüfungen an - ohne Gewähr, dass die Clubs die Reife auch anerkennen. Deshalb lässt er sich in einem der soliden Clubs im Münchner Umland testen. Er wird bei der Prüfung zeigen, was für ein toller Putter er ist. Er wird in ein Ringelchen chippen , das einen Zielbereich begrenzt. Er wird eine Runde spielen und dabei das doppelte Par locker schaffen, das man von ihm verlangt. Und dann wird er mit Handicap 54 seine erste Runde spielen, ganz ohne Aufsicht.

Er hat sich diesem Sport angenähert, er wird ihn bald lieben, mehr als seine Frau, oder mindestens genau so. Aber diese Prüfung hier ist keine Frage der Liebe. Dies ist eine Frage der Ehre , nichts anderes. Auch wenn das Wort im Golf etwas ganz anderes bedeutet als im normalen Leben (wissen Sie, was?), so ist das doch Rabbits Lieblingswort. Ehre. Männersache. Er wird durchkommen morgen. Bei Gott, das wird er. Und bei diesem theoretischen Test wird er sich keineswegs so typisch deutsch verkrampfen. Es gibt ja im Multiple Choice immer noch die Zufalls-Chance.

Unbewegliches Hemmnis . Nächstgelegener Punkt. Schläger wie ohne Behinderung. Rabbit klickt auf "Richtig".

Die Antwort: Richtig!

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