Golf:Kaymers Stellvertreter

Moosinning Marcel Schneider GER am Abschlag Tee BMW International Open 2015 Tag 3 Golf 27 06

Unnötig skeptisch: Marcel Schneider zeigte beim Turnier in Eichenried eine bemerkenswerte Leistung.

(Foto: imago)

Der Spanier Pabló Larrazábal gewinnt das Turnier in Eichenried - Marcel Schneider überrascht als 20. und bester Deutscher.

Von Sebastian Fischer

Es war vor dem Wochenende recht wenig bekannt über den Profigolfer Marcel Schneider. Er ist 25 Jahre alt, wohnt in Pleidelsheim und hat im März in Marokko zum ersten Mal überhaupt auf der European Tour etwas gewonnen - er wurde Neunter. Außerdem sei er ein talentierter Sportler, hieß es, der mit Emotionen sparsam haushaltet. Das war es auch schon.

Am Sonntag war Schneider dann plötzlich jener Golfer, der bei den BMW International Open in München-Eichenried Martin Kaymer vertrat als besten Deutschen beim wichtigsten Heimturnier des Jahres. Er blieb neun Schläge unter Par und belegte am Ende Rang 20. "Ein grandioses Ergebnis", sagte Schneider und grinste schelmisch, weil er wohl lieber oben auf dem Pult getanzt hätte, als in der Pressekonferenz nur dahinter zu sitzen und Fragen eher wenig emotional zu beantworten. Er hatte in Eichenried ja nicht nur das Ergebnis der deutschen Golfer geschönt, er hatte auch die eigene Karriere beschleunigt.

Die 27. Auflage des Turniers, das 65 300 Zuschauer besuchten und damit so viele wie nie zuvor, war nicht die Bühne der ganz großen Namen, das galt für den Kampf um den Gesamtsieg wie für die Leistung der Deutschen. Von den berühmten Golfern, deren Gesichter sie in Eichenried auf die Stadionwände plakatiert hatten, spielten am Ende zwar immerhin der Schwede Henrik Stenson und der Südafrikaner Retief Goosen um das Preisgeld von 333 330 Euro, hartnäckig mischte indes auch ein Engländer namens Chris Paisley mit, der 758. der Weltrangliste. Am Ende gewann aber mit 17 Schlägen unter Par Pablo Larrazábal, zum zweiten Mal nach 2011. Er sei seinem Spitznamen "Giant Killer" wohl wieder gerecht geworden, fand der Spanier. Kaymer, der von besonders vielen Plakaten lächelte, war da schon lange wieder zu Hause in Mettmann.

Deutschlands bekanntester Golfer scheiterte bereits am Freitag am Cut, mit fahrigen Putts hatte er die Teilnahme an der zweiten Turnierhälfte verspielt und später bekundet, das alles sei "extrem enttäuschend". Es passt in Kaymers Saison: Der US-Open-Sieger von 2014 wirkt wie ein glückloses Double seiner selbst. Fünfmal hat er in diesem Jahr schon den Cut verpasst. Und die Golf-Szene rätselt, warum?

"Martin weiß am besten, dass Geduld wichtig ist", trug Maximilian Kieffer, Deutschlands konstantester Golfer in diesem Jahr, zur Lösung bei. Die Betrachter müssten eben auch Geduld mitbringen. So klingen Golfer gerne nach schwächeren Ergebnissen, Erfolge sind tatsächlich kaum zu prognostizieren in diesem Sport, der so vielen Unwägbarkeiten birgt. Die Pflege der Grüns zum Beispiel wurde in München von allen Spielern gelobt, bei der US Open vor einer Woche dagegen kritisiert. Doch das Beharren auf Geduld ist unter den deutschen Golfern gerade keine gelegentlich eingestreute Floskel, sondern Programm.

Marcel Siem hat in München zum ersten Mal in diesem Jahr auf der European Tour den Cut geschafft. Er sagte: "Es ist schon deprimierend, dass man sich über so etwas freuen muss." Siem spielte fünf Schläge unter Par und wurde 47. Kieffer war seit März bei vier Turnieren unter den besten Zehn und deshalb nicht schlecht gelaunt - obwohl er mit sieben Schlägen unter Par nur 29. wurde.

Wirklich konstant spielte aber nur Schneider, viermal unter Par. Deshalb begleiteten ihn auf der vierten Runde auch so viele Zuschauer wie nie zuvor in seiner Laufbahn. Sie sahen, wie er am zwölften Loch zwei Schläge benötigte und einen Birdie spielte: Sein Abschlag flog mit Rückwärtsdrall gleich aufs Grün, seinen Putt versenkte er souverän. Er hat Talent. Dann riss er den Arm in die Luft, ballte die Faust, verzog kurz seine ansonsten so ernste Miene. Er kann also auch Emotionen zeigen.

Schneider ist recht neu in der für einen Neuling gar nicht so glamourösen Welt des Profi-Golfsports. In Eichenried hat er eine Anekdote erzählt, die das belegt. Schneider spielt eigentlich nicht auf der Europa Tour, sondern auf der zweitklassigen Challenge Tour. Deren nächstes Turnier findet in Bad Griesbach in Niederbayern statt, nur wohl ohne ihn: Er muss sich selbst anmelden - das macht kein Manager -, und als er das von einem Hotel in Frankreich aus versuchte, war das Internet schwach. Auf der Meldeliste fehlt jetzt sein Name.

Dabei bräuchte er dringend Turnierpunkte, um weiterhin vom Golf leben zu können und eines Tages vielleicht zu den besten 20 Profis der Welt zu gehören. So erträumt er es sich. Jedoch laufe es gerade "nicht so bombe". Zuletzt schaffte er in Tschechien den Cut, das Preisgeld: 391 Euro. Nun gibt es für den 20. Platz in München schon mal 24 000 Euro - und eine Perspektive: Wenn der Turnierdirektor in Bad Griesbach die Ergebnisse von München sieht, findet Schneider, müsste der ihn eigentlich einladen.

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