Golf:In anderen Sphären

Jason Day belegt in Austin, dass aus dem früheren Zweifler ein verlässlicher Champion geworden ist. Er ist nun die neue Nummer eins der Golfwelt.

Von Gerald Kleffmann, Austin/München

Das Arbeitsleben von Jason Day sah in den vergangenen Tagen nicht nur angenehm aus. Er hatte Rückenschmerzen. Das führte dazu, dass er eine geplante Proberunde vor dem Turnier im Matchplay-Format in Austin stornieren musste. Er ließ sich behandeln. Vor jedem Einsatz, nach jedem Einsatz, sogar während einer seiner offiziellen Runden bat er einen Physiotherapeuten zu sich. Da sein eigener gerade in Südafrika weilt, lieh er sich jenen Fachmann aus, der sich sonst um seinen Profikollegen Bubba Watson kümmert. Die Schmerzen wurden tatsächlich besser, und am Sonntag, als er seine jüngste Großtat vollbracht hatte, sagte Jason Day einen bemerkenswerten Satz: "Auf den Grüns fühlte ich mich so, als könnte ich wirklich alles lochen." Er hat die Schmerzen einfach weggesiegt.

Seit diesem 27. März hat der Golfsport wieder eine neue Nummer eins. Jason Day, 28, geboren in Beauresort im australischen Bundesstaat Queensland, einst ein Problemkind, das nach dem zu frühen Krebstod des Vaters trank und prügelte, hat sich mit seinem Erfolg in Texas wieder an die Spitze der Branche gesetzt. Im September 2015, nach dem ersten Triumph bei einem Major, der PGA Championship in Whistling Straits, und einem weiteren Titel auf der US Tour, war er als dritter Australier nach Greg Norman und Adam Scott oben angelangt. Der 22-jährige Texaner Jordan Spieth löste Day allerdings nach nur einer Woche wieder ab, aber klar ist seitdem: Day (der im Oktober noch mal die Eins war) ist gekommen, um in der Gruppe mit Spieth und dem Nordiren Rory McIlroy zu bleiben. Es hatte etwas Natürliches, wie der Athlet sich bereits darauf freute, als Nummer eins in zwei Wochen durch die Tore Augustas zu schreiten; dann findet das Masters statt, das berühmteste Turnier.

PGA: WGC - Dell Match Play - Final Day

13 Turniere, sechs Siege: Die jüngste Bilanz des Australiers Jason Day ist beeindruckend - in Texas präsentiert er die nächste Trophäe.

(Foto: Erich Schlegel/USA Today Sports)

Natürlich geht Day nun als Topfavorit ins erste Major der Saison, schon vergangene Woche gewann er ja das Arnold Palmer Invitational. "Er ist in seiner eigenen kleinen Welt", staunte Louis Oosthuizen, seine Aussage besaß Glaubwürdigkeit: Der Südafrikaner hatte im Finale des Mann-gegen-Mann-Wettbewerbs aus der Nähe erlebt, wie Days Dominanz aussieht. Mit 5&4 setzte sich dieser durch - bei vier zu spielenden Bahnen hatte er einen uneinholbaren Vorsprung von fünf Lochgewinnen. "Er ist im Moment allen ein paar Schritte voraus", urteilte Oosthuizen, Majorsieger bei der Open Championship 2010 in St. Andrews. Das betrifft sowohl spielerische Aspekte als auch Days mentale Stärke. Aus dem Zweifler der vergangenen Jahre, der oft kurz vor dem Durchbruch die Zitterhand bekam, ist ein verlässlicher Siegertyp geworden, der an Triumphe glaubt: "Es ist eines der Turniere, das ich immer schon mal gewinnen wollte" - das Masters sieht er als nächsten Titel, den er sich gönnen will.

Die Zuversicht ist nicht überheblich. Bei seinen letzten 13 Starts reüssierte Day sechs Mal. Immer, wenn er um den Sieg mitspielte, gewann er. Aus diesem Gefühl der Stärke entsteht neues Selbstvertrauen, das auch der Rücken nicht schwächen konnte. "Ich wollte so sehr gewinnen", schilderte Day eine Selbsteinschätzung nach den ersten Tagen in Austin, "ich spürte: Wenn ich so weiterspiele, wie ich spielte, würde ich am Ende die Trophäe in den Händen halten." Auch McIlroy stoppte ihn nicht, mit 1 auf setzte er sich durch im Halbfinale; nach 18 Bahnen hatte er ein Loch mehr gewonnen. Dass Day mit dem einstigen Dominator Tiger Woods befreundet ist, der nach zwei Rücken-Operationen pausiert, macht seine Geschichte noch spezieller für die Golfgemeinde. Tatsächlich erinnert die Art, wie Day seine Umgebung ausblendet, sobald er einen Golfplatz betritt, an Woods' beste Zeiten.

Golf-Weltrangliste der Männer

Kaymer (Mettmann)

28. Februar 2011 bis 24. April 2011 (...)

Woods (USA) 25. März 2013 bis 18. Mai 2014

Scott (Australien) 19. Mai bis 3. August 2014

McIlroy (Nordirland) 4. August 2014 bis 16. August 2015

Spieth (USA) 17. August bis 30. August 2015

McIlroy 31. August bis 6. September 2015

Spieth 7. September bis 13. September 2015

McIlroy 14. September bis 20. September 2015

Day (Australien) 21. bis 27. September 2015

Spieth 28. September bis 18. Oktober 2015

Day 19. Oktober bis 8. November 2015

Spieth 9. November 2015 bis 27. März 2016

Day seit 28. März 2016

22 Birdies in vier Partien ab dem Achtelfinale - Days Spielweise ist aggressiv-präzise

"Schon bevor er seine Routinen beginnt", diagnostizierte Oosthuizen, sei Day in anderen geistigen Sphären. "Ihm gelangen einige unglaubliche Schläge. Er hatte Distanzkontrolle, auch bei Wind. Traumhaft." Um den letzten Schritt zu schaffen, sich vom Spitzenprofi zum Champion zu steigern, hat sich Day viele Gedanken zu den Themen Druck und öffentliche Erwartungshaltung gemacht, er könne nun, sagt er, mit den "Hypes", die Spieth, McIlroy und er auslösen, umgehen. "Akzeptiere sie", das sagt er sich selbst, "konzentriere dich auf das, was du kannst." Bestechend lang schlägt er vom Abschlag mit dem Driver, herausragend ist seit jeher sein kurzes Spiel, wenn er aus zehn bis 50 Metern den Ball zur Fahne schlägt. 22 Birdies in seinen vier Partien ab dem Achtelfinale belegen seine aggressiv-präzise Spielweise.

Ein paar Tage wolle er sich nun erholen, Kraft schöpfen. "Ich freue mich auf Augusta", sagte Day dann noch. Die neue Nummer eins der Welt hat allen Grund dazu.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: