Golf:Die Erben von Old Tom

Während den jungen Favoriten die Nerven durchgehen, spielen bei den British Open zwei coole alte Männer um den Sieg: Henrik Stenson und Phil Mickelson. Ein Duell der kühlen Köpfe.

Von Frieder Pfeiffer, Troon/München

Zwei Nachrichten von den hinteren Plätzen: Rory McIlroy brach seinen Schläger in Stücke, aus Ärger. Und Jordan Spieth beschwerte sich nach einer ebenfalls schwachen Runde, dauernd an seine zwei Major-Siege von 2015 erinnert zu werden. "Das ist unfair", sagte der 22-Jährige. Beide hatten vor dieser 145. Open Championship das Themenmenü bestimmt - zwei Favoriten mit konkreten Majorsieg-Planungen. Vor dem Finalsonntag sind sie nun entweder in den bunten Spalten zu finden (McIlroy) oder meist gar nicht mehr (Spieth). Überhaupt ist es im ungemütlichen schottischen Sommer von Royal Troon sehr ruhig geworden um die üblichen Verdächtigen an der Spitze des globalen Klassements. Neun der besten zehn Golfer der Welt spielten in der dritten Runde des Majors zusammen ein Ergebnis von 22 über Par - vom Winde verweht, in der Kälte abgekühlt.

Doch es gibt sie, die Ausnahme: Henrik Stenson aus Schweden, die Nummer sechs der Welt. Der Mann, so eiskalt, dass er einfach nicht mehr abkühlen kann, weswegen sie ihn den "Iceman" nennen. Stenson spielte eine 68 (-3) und setzte sich vor den finalen 18 Löchern am Sonntag mit einem Ergebnis von zwölf unter Par an die Spitze. Nur einer konnte mithalten: Phil Mickelson, der am Donnerstag furios ins Major gestartet war und nach einer 70 einen Schlag hinter Stenson lauert. Beide haben sechs, beziehungsweise fünf Schläge Vorsprung auf die nächsten Verfolger. Es sieht alles danach aus, als ob das 156-Mann-Major sein Zwei-Mann-Finale bekommt.

Zusammen sind Mickelson und Stenson älter als die Top drei der Welt zusammen

Das Duo rieb sich schon am Samstag - rein sportlich gesehen - aneinander warm. Sie bespielten den unter typisch schottischen Bedingungen besonders kniffligen Kurs von Royal Troon wie zwei erfahrene Clubmitglieder auf ihrer täglichen Runde. "Ich genieße diese Herausforderung des Wetters und der Elemente", hatte Mickelson schon unter der Woche gesagt. Und Stenson? Auch wenn er in Florida wohnt - er ist immerhin in Schweden aufgewachsen.

Golf: Duell der ruhigen Hände: Der US-Golfer Phil Mickelson (r.) und der Schwede Henrik Stenson.

Duell der ruhigen Hände: Der US-Golfer Phil Mickelson (r.) und der Schwede Henrik Stenson.

(Foto: Glyn Kirk/AFP)

Wichtiger als die volle Kraftentfaltung bei kalten Ohren könnte jedoch eine Eigenschaft sein, die in anderen Sportarten den sicheren Ausschluss von Titelkämpfen bedeutet: das Alter. Mickelson ist 46, Stenson 40 Jahre alt. Zusammen sind sie vier Jahre älter als die Top drei der Welt zusammen. Was können zwei betagte Mitglieder des Tour-Trosses besser als die forsche Jugend? Noch einmal zurück zu McIlroy und Spieth. "Golf ist zu 75 Prozent Kopfsache, eher mehr", sagte McIlroy, 27, dieser Tage. Und Spieth, 22, meinte: "Erfolg ist mental."

Mickelson hat in seinen 25 Jahren auf der Tour mehr Dramen erlebt als mancher Hamlet-Interpret am Broadway. "Mickelsons Kopf ist ein großes Vorbild", hat Martin Kaymer einmal gesagt. "Er vergisst schlechte Schläge sofort." Und so strollte er zwar teilweise wieder kreuz und quer über den Kurs, konnte sich aber immer wieder aus den Ginsterbüschen befreien. Und zum stabilen Mentalgerüst hat er sein begnadetes Händchen über die Jahre und eine Arthrose-Erkrankung gerettet.

Anschauungsunterricht für cholerische Amateurgolfer

Golf unter Naturgewalteneinfluss wie dieser Tage an der schottischen Westküste ist ein Kampf um Fehlervermeidung, normalerweise. Stenson und Mickelson machten daraus in Runde drei auch einen Wettstreit im Fehlerlöschen, dem Ausbügeln haariger Situationen durch atemberaubend cooles Reagieren. Stenson und Mickelsons Auftritt war Anschauungsunterricht für cholerische Amateurgolfer - die Ruhe im Sturm, die Gelassenheit nach der Enttäuschung.

The Open Golf Championship

Raus aus dem Bunker: Phil Mickelson startete furios ins Masters.

(Foto: Gerry Penny/dpa)

Es war denn auch bezeichnend, dass Mickelsons einziger Wutausbruch den Fotografen galt, deren Auslöser ihn im Schwung störten. Stenson hat an schlechten Tagen aus Wut schon mal seine Schuhe mit dem Messer zerschlitzt oder seinen Spind zerstört. Diese Tage sind vorbei, auch deswegen ist er seit drei Jahren unter den besten Zehn der Welt zu finden. Dennoch: Während Mickelson auf fünf Major-Siege zurückschaut, wartet Stenson weiter auf einen der vier wichtigsten Titel des Golfsports.

"Ich bin 40. Ich werde diese Turniere nicht für immer spielen", sagt Stenson. Vielleicht bietet ihm der Sonntag die größte Chance seiner Karriere. Noch nie ging er als Führender auf eine Major-Finalrunde. "Ich darf mir nicht zu viele Gedanken über den Ausgang machen", sagt er. Der Kopf wird im Duell gegen Mickelson am Sonntag noch eine größere Rolle spielen. "Phil wird nicht nachgeben", weiß Stenson. "Es wird ein harter Kampf."

Viele sahen Mickelson schon auf der Senioren-Tour

Auch für Mickelson geht es "nach einem ziemlich guten Tag" im Finale um mehr als einen Titel. Seit seinem Sieg bei der Open Championship 2013 hat er nicht mehr gewonnen. Viele sahen ihn schon auf der Senioren-Tour. Nun hat er erneut die Chance auf ein Major - mit 46. Im ältesten Golfturnier der Welt gab es nur einen Sieger, der so alt war. Er hieß Old Tom Morris, es war 1867.

Zum Abschluss noch eine Nachricht aus der Spitzengruppe: Steve Stricker spielte dort neben Stenson die beste Runde des Tages. Stricker erlebt derzeit seinen 50. Sommer.

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