Götze-Vorstellung beim FC Bayern:Am besten so wie in Barcelona

FC Bayern München - Vorstellung Mario Götze

Mario Götze, 21 Jahre alt und 37 Millionen schwer, bei seiner offiziellen Vorstellung als Zugang des FC Bayern

(Foto: dpa)

Da ist er, der zweitteuerste Bundesliga-Transfer: Mario Götze. Guardiolas Wunschspieler ist nun auch offiziell in München angekommen. Bei seinem ersten Auftritt geht es um die Frage, wo der Trainer den Offensivmann einsetzen wird - im Fall von Verteidiger Jan Kirchhoff ist die Sache klarer.

Von Christof Kneer

Am Ende gab es natürlich wieder das schöne Bild für die Kameras. Der Spieler erhob sich von seinem Sitzplatz, der Sportchef erhob sich von seinem Sitzplatz, und dann stellten sich die beiden so herrlich inszeniert nebeneinander, dass ein Fotograf im normalen Leben einen seriösen Tobsuchtsanfall erleiden würde.

Da es sich aber nicht um das normale Leben, sondern um Fußball handelte, wurde das Bild professionell weggeknipst, und am Ende wird es wohl dort landen, wo schon tausend deckungsgleiche Motive gelandet sind: in Zeitungen, Zeitschriften und im Fernsehen, am Ende dann in den Archiven.

Mit dem gefühlten Bildtext: Stolzer Spieler freut sich, künftig beim ruhmreichen FC Bayern spielen zu dürfen. Oder, wahlweise: Ruhmreicher FC Bayern ist stolz, freudigen Spieler begrüßen zu dürfen.

Als sich der neue Spieler Mario Götze am Dienstag erhob, um sich neben Matthias Sammer zu stellen und ein Bayern- Trikot mit der Rückennummer "19" in die Kameras zu halten, trug er ein T-Shirt mit dem wuchtigen Aufdruck seines Sponsors Nike.

Als sich eine halbe Stunde später der neue Spieler Jan Kirchhoff neben Matthias Sammer stellte, um ein Bayern- Trikot mit der Rückennummer "15" in die Kameras zu halten, trug er ein T-Shirt mit dem etwas weniger wuchtigen Aufdruck seines Sponsors Nike. Die Bayern- Trikots kommen übrigens von der Firma Adidas, die vor Jahren für wuchtige 75 Millionen Euro knapp 10 Prozent der Anteile an der FC Bayern AG erwarb.

Es war einer dieser Tage, an denen sich der voll durchkommerzialisierte Fußball selbst überholt. Dem Bayern-Ausrüster können Bilder von Spielern im fremden Hemd nicht gefallen, dem Sponsor der Spieler im fremden Hemd schon eher. Er habe sein T-Shirt "auf Geheiß seines Sponsors" angezogen, sagte Jan Kirchhoff später, als er auf den Schriftzug ("go like hell") angesprochen wurde. Der Schriftzug, übrigens, bedeute gar nichts.

Es gibt Tage, da haben Bilder mehr Macht als Worte. Die schiefen Bilder passten am Ende nicht so recht zu den aufrechten Sätzen, die um die Bilder herum gesprochen wurden. In den Sätzen wurde fast ausschließlich gelobt, gedankt sowie Anerkennung gezollt. Sammer nannte Götze, den neuen Offensivspieler aus Dortmund, "einen der herausragenden Spieler auf dieser Erde"; Jan Kirchhoff, den neuen Defensivspieler aus Mainz, nannte er einen "hoch interessanten Spieler mit großem Entwicklungspotenzial".

Zwar wird Götze nach seinem Muskelbündelriss laut eigener Aussage erst "in drei bis vier Wochen" ins Mannschaftstraining einsteigen können; er darf sich bis dahin aber an der Erkenntnis wärmen, dass sein neuer Verein laut Sammer "über den besten Arzt der Welt verfügt, gerade bei dieser Form der Verletzung".

Kleiner hat es der FC Bayern im Moment nicht, aber zur Ehrenrettung des Vereins muss man auch sagen, dass man es ihn im Moment auch nicht kleiner haben lässt. Die Bayern würde zurzeit wohl nichts lieber tun, als sich mit ihrem neuen Trainer Pep Guardiola (der beste Trainer der Welt; Anm. d. Red.) ab Donnerstag ins Trainingslager an den Gardasee zurückzuziehen (einen der herausragenden Seen auf dieser Erde; d. Red.), um dort in aller Ruhe das gegenseitige hoch interessante Entwicklungspotenzial kennenzulernen.

Unklarheit herrscht in der Systemfrage

Aber stattdessen stellen alle immer diese Fragen. Ob Guardiola wohl spielen lasse wie beim FC Barcelona. Ob Götze glaube, dass er Guardiolas neuer Messi werde. Und ob Sammer finde, dass Kirchhoff vielleicht ähnlich spiele wie Gerard Piqué.

"Bitte, bitte keine Vergleiche", sagt Matthias Sammer, man kann ihn da gut verstehen, aber natürlich weiß der Sportvorstand, dass die Bayern solche lustvolle Quervergleiche aushalten müssen. Messi und der FC Barcelona, das ist der Bezugsrahmen, mit dem das bayerisch-katalanische Projekt im Moment leben muss. Es sei "klar, dass jetzt Vergleiche mit Barcelona fallen", sagte Mario Götze, "da ist jeder Spieler von uns gewappnet, auch ich".

Sein Sponsorenhemd trug Götze offensiv zur Schau, ansonsten blieb er demonstrativ defensiv. Der Vergleich mit Messi ist groß genug, da kann keiner von ihm verlangen, dass er die hohen Erwartungen auch noch selbst befeuert.

Er wolle erstmal fit werden, sagte Götze in jedem dritten Satz, und auch die Aussage, der neue Trainer habe ihm "schon ein bisschen seine Philosophie erklärt", hat er kurz darauf sicherheitshalber relativiert.

Also, "so genau" sei der Trainer "nun auch nicht drauf eingegangen", sagte Götze, "über Details haben wir nicht gesprochen". Die Bayern-Spieler wissen ja, dass die Fans die ersten Tage mit einer Mischung aus Vorfreude, Neugier und leichter Sorge betrachtet haben. Wird Guardiola arg viel ändern? Wird Ribéry künftig tatsächlich in der Mitte spielen? Und was wird dann aus der Flügelzange?

Die Wahrheit ist, dass die Bayern-Spieler selbst extrem gespannt sind. Sie haben schon jetzt Geschmack gefunden an den neuen Trainingsformen, "fast alles mit Ball", sagt Götze, "und viele kleine, technische Sachen". Erste Ahnungen beschleichen sie von einem radikal flexiblen Angriffsspiel, bei dem Ribéry tatsächlich mal in der Mitte, aber mindestens genauso oft auf seinem geliebten Flügel auftauchen könnte.

"Pep hat gewisse Ideen vom Fußball", sagt Sammer, "und sein Fußball ist in den verschiedensten Konstellationen auf Mario Götze zugeschnitten." Guardiola könnte ein magisches Quadrat mit Götze, Ribéry, Robben und Müller vorschweben, aber am Gardasee wird jede Art von Angriffsspiel noch ohne Götze üben müssen.

Götze fährt mit, aber er wird höchstens laufen können. Welches Hemd er bei Presseauftritten trägt, hat er vermutlich noch nicht entschieden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: