Glosse:Wozu Olympia?

Die Sportstadt Hamburg scheint in der Krise zu sein, Eishockey sortiert sich neu, der Handball-Erstligist ist aufgelöst, der Fußball bleibt in steter Not - doch warum hadern? Gerade eröffnet das neue, durchaus etwas teure Musikzimmer.

Von Peter Burghardt

Es geht wieder aufwärts mit Hamburg, oder hat jemand den Triumph verpasst? Am Freitagabend bezwangen die Crocodiles in der Eissporthalle Farmsen vor 1955 Zuschauern die Rostock Piranhas 2:1 - den Siegtreffer schoss der Kapitän Christoph Schubert. Genau, das ist derselbe Schubert, der vorher Kapitän der Hamburg Freezers in der Eishockey-Profiliga DEL gewesen war. Die Freezers gibt es seit Mai nicht mehr, eine neue Attraktion der Hansestadt sind nun die Crocodiles in der Oberliga Nord, wo auch die Tilburg Trappers sowie die Harzer Falken antreten.

Da soll noch jemand behaupten, das stolze Hamburg sei spitzensportlich tiefgefroren, seit die Eisschränke zugemacht haben und der HSV Handball ebenfalls in die dritte Liga abgetaucht ist. Gut, die Barclaycard Arena steht ohne Eishockey und Handball jetzt häufig leer. Dafür wären am Wochenende im Stadtgebiet 16 Bundesliga-Hockeyspiele zu besichtigen gewesen - vielleicht Weltrekord. Außerdem: Gegenüber der verlassenen Halle spielte der HSV am Wochenende gegen den FC Bayern 88 Minuten lang 0:0, das war einer der größten Erfolge der jüngeren Vereinsgeschichte und ein würdiger Abschied für den etwa 50. HSV-Trainer in diesem Jahrtausend.

Wer meint, dass der Norden im Fußball kollektiv kapituliert, der täuscht sich ohnehin gewaltig. Das Duell zwischen HSV und Werder um Platz 18 gewinnt an Schärfe. Auch misst sich der HSV - in der Bundesliga noch immer unabgestiegen - mit ehemaligen Absteigern wie Dortmund oder früheren Aufsteigern wie den Bayern. Im Treppenhaus des Volksparkstadions hängen noch immer schöne Poster von Seeler, Hrubesch, Keegan. Und wozu braucht man Olympia? Hamburg hat auch so genügend Baustellen. Vor allem jedoch: Bald geht es los in der Elbphilharmonie, unter anderem mit dem ehemaligen bayerischen Dirigenten Kent Nagano. Da können sie schauen in München, wo sie bleiben - mit ihrem Kapellmeister Ancelotti und ohne richtiges Musikzimmer.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: