Glosse:Weltmeister der Problemlösung

Weil ihnen die Klubführung seit drei Monaten die Gehälter nicht mehr überweist, sind die Spieler von Russlands Erstligist Mordowia Saransk in den Streik getreten. Die Reaktion des Klubs ist erhellend.

Von Johannes Knuth

Das Personal an Deutschlands Flughäfen hat am Mittwoch gestreikt, erst mal nur für einen Tag, aber das reichte, um das Land in Aufruhr und Chaos zu stürzen. Ein Tag ohne Flugbetrieb, da sind die Folgen für Wirtschaft und Kunden noch gar nicht abzuschätzen. Inhaber von Flughafenkiosken fürchten die Insolvenz, weil sie einen Tag lang keine unverschämt teuren Allerweltsartikel absetzen können. Und Fahrgastverbände sorgen sich um die Zufriedenheit von Passagieren, die einen Tag auf ätzendes Anstehen vor Sicherheitsschleusen, überteuerte Einkäufe an Kiosken und labbrigen Kaffee in der Wartezone verzichten müssen.

Am Mittwoch traten, weitaus weniger beachtet, zeitgleich Spieler des russischen Fußball-Erstligisten Mordowia Saransk in den Ausstand. Sie weigerten sich zu trainieren. Weil sie seit drei (!) Monaten auf ihr Gehalt warten, berichten lokale Medien. Chaos? Aufruhr? Die Aufregung im Klub hält sich in Grenzen. "Wir erwarten, dass es zeitnah ein Treffen mit der Klubführung geben wird, weil das Problem gelöst werden soll", wird Manager Marat Mustafin zitiert. Und, siehe da, die Führung reagierte prompt. Der Klub habe versprochen, das Problem innerhalb einer Woche zu lösen, teilte ein Sprecher des Vereins mit. Vorbildlich. Und völlig angemessen. Am kommenden Sonntag, so teilte der Verein noch mit, müsse man ja erst einmal bei Tabellenführer FK Rostow antreten. Was drei Schlüsse zulässt. Entweder der Klub hat die Spieler drei Monate lang zum Narren gehalten. Oder er hält sie noch immer zum Narren. Oder er ist Weltmeister des Streik- und Problemmanagements.

Besucher der Fußball-WM 2018, die ebenfalls in Russland stattfinden wird, dürfen voraussichtlich auf ähnlich umsichtige Betreuung hoffen. Die Organisatoren erklärten am Mittwoch auf SZ-Anfrage, dass Touristen, die drei Stunden lang auf den Shuttle-Bus zum Stadion warten, spätestens binnen einer Stunde über mögliche Alternativen aufgeklärt werden. Von weiteren Reklamationen bitte man abzusehen, da man nicht für jedes Großereignis in Russland mal eben 50 Milliarden Euro abzweigen können, wie bei den Winterspielen 2014 in Sotschi. Ansonsten sei für das Wohl der Besucher gesorgt. Restaurantgäste, die mindestens drei Stunden auf ihre Bestellung gewartet haben, werden nach spätestens einer Stunde mit einer neuen Speise und einer Turnierration Kaviar entschädigt. Und wer mindestens drei Tage in einem unzumutbaren Hotelzimmer verbracht hat, darf eine Nacht im Fünf-Sterne-Etablissement wohnen. Allein für Verzögerungen bei der Anreise, die durch Streiks auf deutschen Flughäfen verursacht werden, können man leider keine Verantwortung übernehmen.

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