Glosse:Karamellisierte Enten

Große Sportveranstaltungen und die Verkostung, das ist ein heikles Thema. Bei den Olympischen Spielen sah das Essen aus wie radioaktiv verseucht. Welch Kontrast zur Tour de France! Nun braucht es dringend einheitliche Regeln.

Von Johannes Knuth

Große Sportveranstaltungen und die Verkostung, das ist ein heikles Thema. Veranstalter verbieten Besuchern gerne, mitgebrachte Speisen in die Arenen einzuführen, um ihnen den überteuerten Fraß von Sponsoren aufzudrängen. Ob das unter den Tatbestand vorsätzlicher Körperverletzung fällt, ist noch nicht geklärt. Bei den Olympischen Spielen in Rio war das sogenannte Essen in den Stadien in einer silbernen Folie verpackt, die entweder aus Restbeständen der Nasa für ihre Marsfahrzeuge stammte, vor radioaktiver Strahlung schützen sollte oder vor den darin gelagerten Burgern, die radioaktiv verseucht wirkten. Genauere Ergebnisse werden vorliegen, sobald das IOC sämtliche Urinproben aller Olympia-Besucher nachgetestet hat.

Welch' Kontrast zur Tour de France. Die Zuschauer schaffen Picknicktaschen voller Essen an die Strecke, die Familien für die Dauer einer vollwertigen Frankreich-Rundfahrt durchbringen. Die Veranstalter servieren in den Pressezelten karamellisierte Enten (in Bergerac), Hackfleischpasteten (Longwy), Brie-Käse (Nuits-Saint-Georges). Oder waren es Pasteten in Bergerac, Käse in Longwy und Ente in Nuits-Saint-Georges? Die Franzosen verzeihen manches, aber nicht schlechtes Essen. Das weiß man seit Asterix und den Galliern, die, nachdem sie die Römer verprügelt hatten, ihre Wehrhaftigkeit mit einem Wildschweingelage zelebrierten. Wer ihnen schlechtes Essen andrehte, wie der Fischhändler Verleihnix, wurde ebenfalls verhauen. Heute verläuft der Wettstreit bei der Tour de France weitgehend gewaltlos, Ausfälle wie die des Belgiers Tom Steels, der einen Konkurrenten im Endspurt einst mit einer Trinkflasche bewarf, sind die Ausnahme. Die gepflegte Schlemmerei aber gehört bis heute dazu, sie verursacht weder radioaktive Schäden noch Herzprobleme, maximal einen gepflegten Leberschaden.

Wie könnte man die Verpflegung also über alle Sportveranstaltungen hinweg angleichen? Funktionäre mit edlem Brie-Käse aus Nuits-Saint-Georges günstig stimmen? Das Sicherheitspersonal am Stadioneingang mit Trinkflaschen bewerfen? Verbietet sich alles, zumal das Einbringen von Getränken ebenfalls ungern gesehen wird (bis auf die der offiziellen Sponsoren). Der Franzose (!) Clément Tomaszewski hat einmal einen Hahn in seiner Hose versteckt und so in ein Fußballstadion geschmuggelt, weil die Spaßbremsen der Fifa verboten hatten, neben Essen auch Hähne und sonstige Tiere einzubringen. Das müsste mit einer Rotweinflasche und ein paar Hackfleischpasteten auch möglich sein. Nur karamellisierte Enten würden wohl verräterische Spuren hinterlassen.

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