Glasgow Rangers gehen in die Insolvenz:Härtester Gegner in 139 Jahren

Die britische Steuerbehörde verfolgt die Glasgow Rangers so hartnäckig, dass deren Existenz bedroht ist. Weil der Klub 59 Millionen Euro Strafe zahlen müsste, gehen die Rangers lieber in die Insolvenz. Auch wenn dieser Schritt einen horrenden Punktabzug in der Liga mit sich bringt.

Christian Zaschke, London

Vielleicht hatten die Verantwortlichen der Glasgow Rangers gedacht, mit den Steuerbehörden ebenso leichtes Spiel zu haben wie mit den stets überforderten Gegnern in der schottischen Premier League. Einzig der Stadtrivale Celtic kann es mit den Rangers aufnehmen, die anderen Teams sind so freundlich, die Liga ein wenig aufzufüllen. Seit 1985 hieß der Meister stets Rangers oder Celtic. Doch die britische Steuerbehörde (HM Revenue and Customs) erweist sich als hartnäckiger, unnachgiebiger und überraschend aktiver Gegner. Das wiederum bedeutet: Der Traditionsklub ist seit Dienstag ernsthaft in seiner Existenz bedroht.

Glasgow Rangers go into administration

Ein Bild aus besseren Tagen: Fans der Glasgow Rangers.

(Foto: dpa)

Die Angelegenheit ist ein wenig vertrackt. Am Montag hatten die Rangers offiziell ihre Absicht kundgetan, Insolvenz anzumelden, weil sie sich Steuerforderungen und Strafzahlungen von mindestens 49 Millionen Pfund gegenübersehen (knapp 59 Millionen Euro).

Klubchef Craig Whyte sprach gar von 75 Millionen Pfund. Nach einer solchen Absichtserklärung hat ein Klub normalerweise zehn Tage Zeit, bis sich tatsächlich entscheidet, ob er in ein Insolvenzverfahren eintritt. In den zehn Tagen wollten die Rangers mit Gläubigern um Nachlass verhandeln, besonders mit der Steuerbehörde.

Die hat allerdings am Dienstag gekontert und ihrerseits vor einem Gericht in Edinburgh gefordert, die Rangers insolvent zu erklären. Die Behörde wollte, dass umgehend ein Insolvenzverwalter eingesetzt wird, und zwar ein von ihr bestimmter. Bei den Rangers brach daraufhin einige Hektik aus. Der Klub entschloss sich schließlich, seinerseits rasch einen Insolvenzverwalter einzusetzen, um immerhin einigermaßen Herr des Verfahrens zu bleiben.

Das bedeutet, dass den Rangers sofort zehn Punkte abgezogen werden und sie nun chancenlos 14 Punkte hinter Celtic liegen. Die Steuerbehörde hat mit ihrem Schritt die Rangers nicht nur erfolgreich unter Druck gesetzt, sie hat auch sehr deutlich gemacht, dass sie dem Klub gegenüber eine harte Haltung einnimmt.

Klubchef Whyte hatte zunächst gesagt, er hoffe, eine Übereinkunft mit der Behörde finden zu können: "Das ist natürlich die bevorzugte Lösung." Er hat die Restrukturierungs-Firma "Duff and Phelps" aus London beauftragt, eine Lösung für den hochverschuldeten Klub zu finden. Noch am Dienstagmorgen erklärte die Firma, es stünden nun Treffen mit der Behörde an, um sich über die jeweiligen Positionen auszutauschen. Dass die Steuerbehörde dann jedoch ihrerseits die Insolvenz des Klubs beantragt hat, zeigt, dass ihre Lust am Verhandeln vergleichsweise gering ausgeprägt ist: Es droht tatsächlich nicht weniger als das Ende der 139 Jahre alten Rangers.

Die immensen Steuerschulden sind in den vergangenen elf Jahren aufgelaufen. Unter anderem haben die Rangers Spielergehälter auf Offshore-Konten überwiesen, um Steuern zu sparen. Dazu kommt, dass der Klub im laufenden Spielbetrieb ein Minus von zehn Millionen Pfund pro Jahr erwirtschaftet. Zudem hat Craig Whyte im Vorgriff auf Ticketverkäufe in den kommenden vier Jahren 24 Millionen Pfund geliehen.

Übereinkunft der Gläubiger?

Der 40 Jahre alte Whyte ist erst im Mai 2001 bei den Rangers eingestiegen. Er kaufte 85,5 Prozent der Anteile für den symbolischen Betrag von einem Pfund. Dafür verpflichtete er sich, 18 Millionen Pfund Schulden bei der Lloyds Bank zu übernehmen - der Klub schuldet das Geld jetzt ihm und nicht der Bank. Doch Whyte ist umstritten im Verein.

Mehrere hochrangige Mitarbeiter haben die Rangers seit der Übernahme verlassen. Whyte verdient sein Geld als Risikokapitalgeber. Die BBC berichtete im vergangenen Oktober, dass seine Karriere von Vorwürfen der Kriminalität umwölkt sei und er sieben Jahre lang keinen Direktorposten in Firmen übernehmen durfte.

Wichtig im jetzt anstehenden Insolvenzverfahren wäre eine freiwillige Übereinkunft der Gläubiger. Sollte die nicht erreicht werden - und es sieht nicht da-nach aus, als strebe die Steuerbehörde nach einer Übereinkunft -, ergäben sich für Whyte zwei Möglichkeiten: Er könnte, erstens, Konkurs anmelden, oder, zweitens, den Besitz des Klubs - zum Beispiel das legendäre Ibrox-Stadion und das Trainingsgelände - verkaufen, um die Schulden zu begleichen. Beide Lösungen würden wohl dazu führen, dass der Rangers Football Club zunächst formell aufgelöst würde.

Das ist in Schottland vollkommen unvorstellbar. Rangers und Celtic tragen den Ehrennamen "Old Firm", sie sind das Zentrum des schottischen Fußballs. Die Rangers haben 54 nationale Meistertitel gewonnen, drei davon mit dem Gladbacher Jörg Albertz, einen mit Christian Nerlinger, dem heutigen Manager des FC Bayern. Als wahrscheinlich gilt derzeit, dass der Verein selbst im schlimmsten Fall nicht von der Bildfläche verschwindet: Whyte würde wohl eine neue Gesellschaft gründen, die den Namen Rangers weiterführen könnte.

Ob der neue Klub jedoch umgehend in der Premier League mitspielen dürfte, wäre offen. Noch dürfen das die Rangers: Am Samstag steht in Glasgow das Heimspiel gegen den FC Kilmarnock an, und Craig Whyte verspricht, alles werde sein wie immer.

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