Gladbachs vierter Platz in der Bundesliga:Die Besten vom Rest

Borussia Mönchengladbach - Eintracht Frankfurt

Tabellenvierter hinter dem übermächtigen Spitzentrio: Gladbachs Armin Younes (links).

(Foto: dpa)

Platz eins hinter Bayern, Dortmund und Leverkusen: Borussia Mönchengladbach erobert im dicht besiedelten Mittelbau der Bundesliga Rang vier. Doch Trainer Lucien Favre ist die Tabelle egal. Er weiß: Der Abstand zum Spitzentrio ist groß - nicht nur nach Punkten.

Von Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

Oft wird der Fußball auf seine wesentlichen Zahlen reduziert: die Ergebnisse und die Tabelle. Trainer hingegen diskreditieren die Tabelle gerne als "Momentaufnahme". Bevor die Saison nicht zu Ende ist, würden sie von dieser Tabelle am liebsten nichts hören und nichts sehen. Sie verurteilen die Prägnanz des Rankings als bedeutungslos und sind nicht bereit, diese vorübergehende Statistik als Basis für übergreifende Analysen gelten zu lassen.

Sami Hyypiä, der viel gelobte Trainer der drittplatzierten Leverkusener, sagte am Wochenende: "Ich schaue nicht gerne auf die Tabelle." Noch abweisender reagierte Lucien Favre, der ebenfalls viel gelobte Übungsleiter von Borussia Mönchengladbach. Als er nach dem 4:1 gegen Eintracht Frankfurt gefragt wurde, was ihm der eroberte vierte Platz bedeute, wechselte Favre unversehens in seine Muttersprache und antwortete, dass ihm dies so was von egal sei - fast so, als sei die Frage unverfroren.

Dabei ist nach diesem zehnten Spieltag ein Blick ins Klassement besonders interessant. Neun Punkte Rückstand auf den Tabellennachbarn Leverkusen haben die Gladbacher, genauso groß ist ihr Vorsprung auf den 1. FC Nürnberg - der zwölf Plätze hinter ihnen liegt. Gladbachs Sportdirektor Max Eberl findet die Tabelle im Gegensatz zum Trainer spannend. "Ich schaue jeden Tag drauf", sagt er: "Diese Tabelle hat hinter dem Spitzentrio eine unglaubliche Dichte, was bedeutet, dass man mit einem Sieg viel gewinnen, aber mit einer Niederlage auch viel verlieren kann."

Eberl kam nach dieser theoretischen Einführung in die Materie sogleich auf die Praxis zu sprechen: auf das nächste Spiel der Borussia am kommenden Samstag beim Hamburger SV. "Dort müssen wir jetzt endlich einmal nachlegen", forderte der Manager - wohlwissend, dass seine konstant unkonstante Mannschaft zuletzt im Februar 2012 zwei Bundesligaspiele nacheinander gewonnen hat.

In dieser Saison hat Gladbach in fünf Auswärtsspielen erst einen Punkt geholt (2:2 in Augsburg) - und ist trotzdem Vierter. Das liegt daran, dass die Borussia bisher alle fünf Heimspiele gewonnen und ihre Fans mit 17:3 Toren dort mehr verwöhnt hat als alle anderen 17 Erstligisten. "Gladbach ist der geilste Klub der Welt", sangen die dafür dankbaren Zuschauer.

Aushilfen in der Abwehr

Doch auch diese These würde der Trainer Favre wohl gerne in barschem Französisch zurückweisen. "Man muss nur einmal die Kader analysieren", sagt der Schweizer über die Unterschiede zwischen seinen Gladbachern und den drei Branchenführern aus München, Dortmund und Leverkusen, die an den verbleibenden 24 Spieltagen eine Art interne Meisterrunde auszuspielen drohen. "Andere haben sieben, acht A-Nationalspieler im Kader und gleichhohe Qualität bis zum 18. Spieler", betont Favre, "aber für uns ist jedes Wochenende ein Kampf."

Dieses Klagen klang zwar ein wenig bemüht nach einem 4:1, doch Favre hatte auch Anlass zur Wehmut, weil ihm in Martin Stranzl und Alvaro Dominguez beide Innenverteidiger fehlten. Und als Roel Brouwers eine Viertelstunde vor Schluss wegen einer Adduktorenverletzung ausfiel, spielten in der Innenverteidigung am Ende zwei Aushilfen: Tony Jantschke und Thorben Marx. Rechts bestritt zudem der 21 Jahre alte Julian Korb erst sein zweites Bundesligaspiel.

Dass die Partie trotz dieses Personalpuzzles klar gewonnen wurde, machte Favre ausnahmsweise froh: "Ich bin für dieses Mal sehr zufrieden", sagte er, lächelte und zeigte später sogar seine lakonische Seite, als er zur so stark abweichenden Heim- und Auswärtsbilanz sagte: "Wenn wir zu Hause alle Spiele gewinnen, können wir auswärts ruhig alles verlieren."

Allzu viel Zuversicht vor dem Gastspiel beim HSV erlaubt die Personallage sowieso nicht. Verteidiger Brouwers fällt mit seinem Muskelfaserriss im Adduktorenbereich mehrere Wochen aus und erhält Aufnahme ins Klub-Lazarett, in dem bereits Dominguez (Schlüsselbeinbruch), Havard Nordtveit (Sprunggelenk) und Filip Daems (Muskelprobleme im Rumpf) weilen.

Immerhin kehrt Stranzl nach Ablauf seiner Sperre zurück. Sehr viel leichter wird dies die Herausforderung beim aufstrebenden Hamburger SV aber auch nicht machen.

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