Fußball-Bundesliga:Gisdol: HSV ist "ein wahnsinnig geiler Klub"

Fußball-Bundesliga: Als das Angebot des Hamburger SV kam hat er gezuckt, aber angeblich nur vor Freude: Trainer Markus Gisdol, 47.

Als das Angebot des Hamburger SV kam hat er gezuckt, aber angeblich nur vor Freude: Trainer Markus Gisdol, 47.

(Foto: Daniel Bockwoldt/AFP )

Der neue Trainer sagt, er habe vor Freude "gezuckt", als der Anruf des Hamburger SV kam. Nun soll er das Spiel des Abstiegskandidaten radikalisieren.

Von Jörg Marwedel, Hamburg

Markus Gisdol, 47, hatte wenig geschlafen. Bis um ein Uhr hatte er sich in der Nacht zum Montag noch mit HSV-Vorstandschef Dietmar Beiersdorfer ausgetauscht. Und doch wirkte er, im Vergleich zu seinem übernächtigten Gesprächspartner, am Montagmittag so fidel, wie man es von einem Hoffnungsträger erwartet. Immer wenn es dem Hamburger SV besonders schlecht geht, kommt ein neuer Trainer, um das angeknackste Selbstbewusstsein zumindest vorübergehend aufzurichten - das war in den vergangenen sieben Jahren gleich dreizehn Mal der Fall.

Der Schwabe Gisdol hat dann auch brav diese Dinge gesagt, die dem HSV-Fan gut tun. Er hat von der "Strahlkraft Hamburgs und des HSV" gesprochen. Dass er bei dem Angebot "gezuckt" habe vor Freude. Die Aufgabe in Hamburg sei zwar "ein Brett", aber der HSV "ein wahnsinnig geiler Klub". Und er habe große Lust, die "negative Stimmung" zu vertreiben. Mehr Lust offenbar als auf Bremen, denn auch der SV Werder hatte sich sehr für ihn interessiert.

Der neue Coach soll "einen Schub" auslösen

Weshalb Beiersdorfer auf den im Oktober 2015 nach einer 0:1-Niederlage gegen den HSV in Hoffenheim entlassenen Coach kam, hat er so erklärt: "Er passt ideal zu unserem Kader und ist es gewohnt, mit jungen Spielern zu arbeiten." Der neue Coach werde "einen Schub" auslösen, glaubt der Klubchef. Und vor allem hofft er natürlich, dass Gisdol endlich die für sehr viel Geld geholten Offensiv-Spieler Filip Kostic, Alen Halilovic, Luca Waldschmidt und Bobby Wood so in die Mannschaft integriert, dass mehr als jene lächerlichen acht Torchancen herauskommen, die sich die Elf unter Vorgänger Bruno Labbadia in fünf sieglosen Spielen erspielte.

Gisdol bevorzugt, anders als der konservative Labbadia, ein extremes Spiel gegen den Ball, inklusive schnellem Umschaltspiel. Diese "Grundidee" hat er auch bei seiner Vorstellung formuliert. Es ist jene Idee, die er bei seinem einstigen Mentor Ralf Rangnick lernte. In der Saison 2013/14 haben die Hoffenheimer unter Gisdols Regie beeindruckende 72 Tore geschossen, allerdings wegen ihrer angriffslustigen Ausrichtung auch beeindruckende 70 kassiert. Im Jahr davor hatte er die fast abgestiegenen Hoffenheimer in der Relegation gerettet - genau wie Labbadia 2015 den HSV.

Was er gedacht habe, als der HSV im Sommer den angeblichen Wunderknaben Halilovic vom FC Barcelona verpflichtet habe, wurde Gisdol gefragt. "Gar nichts", antwortete er trocken, "da war ich im Urlaub." Kleiner Scherz. Zu solchen Personalien mag der neue Mann noch nichts sagen. Aber natürlich ist er auch geholt worden, um das Riesentalent Halilovic (der unter dem skeptischen Labbadia erst 68 Minuten Bundesliga-Luft schnupperte) neu zu beurteilen. "Jeder fängt wieder bei null an", sagt der neue Fußballlehrer.

Neun Monate, um zu erkennen, ob es eine langfristige Basis gibt

Auf den angebotenen Zweijahres-Vertrag hat Gisdol verzichtet und stattdessen ein Arbeitspapier für nur neun Monate unterschrieben. Man könnte deshalb auf ein sehr ausgeprägtes Selbstvertrauen oder auf großen Realismus schließen. In diesen neun Monaten, so erklärt es Gisdol, könne man erkennen, "ob es eine Basis gibt für eine längerfristige Zusammenarbeit". Das wird natürlich vor allem von den Ergebnissen abhängen. Versprochen hat der neue Mann am Montag sicherheitshalber noch nichts - nur, dass er hoffe, der Mannschaft mit seiner Spielidee Stück für Stück ihre Selbstsicherheit wieder zu geben.

Einen Fürsprecher im Verein hat Gisdol jedenfalls: Mit Sportdirektor Bernhard Peters hat er schon in Hoffenheim zusammen gearbeitet. "Er weiß, wie ich als Trainer arbeite." Er werde sich auch nicht zu schade sein, auch mal einen Ratschlag von ihm einzufordern.

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