Gewalt in der NFL:Wenn Rüpel zum Imageproblem werden

Adrian Peterson

Den eigenen Sohn geschlagen: Adrian Peterson von den Minnesota Vikings ist für die gesamte NFL-Saison gesperrt worden.

(Foto: AP)

Adrian Peterson, früher "wertvollster Spieler" der US-Football-Liga NFL, schlägt seinen Sohn mit einem Ast und wird für den Rest der Saison gesperrt. Der Fall steht exemplarisch für eine Liga, deren Akteure immer wieder gewalttätig werden.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Es gibt im Buch "Satirisches Fußballdiktionär" eine herrliche Definition des Begriffs Konzessionsentscheidung: "Der Versuch, eine Entscheidung, die auf einer Ungerechtigkeit oder einer Fehleinschätzung beruhte, durch eine weitere ungerechte beziehungsweise falsche Entscheidung zu korrigieren. Sie wurzelt letztendlich in der Überzeugung, dass schwarz und schwarz weiß ergibt."

Roger Goodell hat am Dienstag so eine Konzessionsentscheidung getroffen. Der Chef der nordamerikanischen Footballliga NFL hat den Laufspieler Adrian Peterson wegen privater Vergehen bis mindestens 15. April kommenden Jahres gesperrt - ohne Bezahlung. Peterson, der 2008 und 2012 zum wertvollsten Spieler der Liga gewählt worden war, wird damit in dieser Saison nicht mehr auf dem Spielfeld stehen. Und auch danach darf er erst wieder auflaufen, wenn er sich in Behandlung begibt und seine Taten ausreichend bereut hat, so die NFL.

Das wirkt drastisch, doch es ist auch kein kleines Vergehen, das Peterson vorgeworfen wird. Peterson hat zugegeben, im Mai seinen damals vier Jahre alten Sohn wiederholt mit einem Ast geschlagen zu haben. Durch einen Vergleich wehrte er eine Gefängnisstrafe ab und verpflichtete sich zur Zahlung von 4000 US-Dollar und 80 Stunden gemeinnütziger Arbeit. In Textnachrichten an die Mutter des Kindes jedoch verteidigte Peterson die Misshandlungen als Erziehungsmaßnahmen. Er gab öffentlich zu, auch künftig Schläge nicht ausschließen zu wollen.

Spielergewerkschaft will Einspruch einlegen

Fehlende Reue gab Goodell als Grund für die lange Strafe in der Liga an, zudem sei ein Ast durchaus als Waffe zu interpretieren: "Vor allem in den Händen eines Menschen, der über die Kraft eines ausgebildeten Profisportlers verfügt." Der NFL-Chef sprach außerdem eine deutliche Warnung gegen Peterson aus: "Es ist unerlässlich, dass Du künftig jeden Vorfall dieser Art vermeidest. Jede weitere Verletzung des Verhaltenskodex' wird diszipliniert und könnte zu einem Ausschluss aus der NFL führen." In den USA ist es normal, dass sich Profis den Verhaltenskodizes ihrer Ligen unterwerfen müssen.

Der Fall steht exemplarisch für eine Liga, deren Akteure immer wieder abseits des Spielfeldes negativ auffallen. Erst kürzlich sorgte ein anderer Spieler für Aufsehen: Ray Rice von den Baltimore Ravens streckte im Februar seine damalige Verlobte (und inzwischen Ehefrau) Jana Palmer mit einem linken Haken im Aufzug eines Casinos nieder und bespuckte sie. Die erste Strafe von Goodell: zwei Spiele Sperre. Erst als ein weiteres Video auftauchte, auf dem der Angriff deutlich zu sehen ist, wurde Rice auf unbestimmte Zeit suspendiert. Dagegen geht Rice nun vor mit der Begründung, nicht zwei Mal für die gleiche Tat bestraft werden zu können. Das Urteil des Mediators wird in dieser Woche erwartet.

Probleme für den NFL-Chef

Eine mögliche Aufhebung der Suspendierung durch den Mediator könnte fatale Folgen haben für die NFL, die aufgrund des Skandals bereits einige Sponsoren verloren hat. Deshalb will sich Goodell im Fall Peterson nun als harter Chef präsentieren, der schnell und energisch durchgreift. Nur könnte sich auch diese Entscheidung als Fehlurteil herausstellen: Die Spielergewerkschaft NFLPA hat in einem Statement angekündigt, gegen die Suspendierung vorgehen zu wollen. "Die Entscheidung der Liga ist ein weiteres Beispiel für die Glaubwürdigkeitslücke zwischen den Vereinbarungen, die die NFL trifft - und den Maßnahmen, die sie danach ergreift." Die Strafe und auch das Verfahren zur Entscheidungsfindung seien willkürlich gewesen.

Für Goodell sieht es derzeit nicht so gut aus. Es heißt, er habe seinen Laden nicht mehr im Griff und müsse einen Brand nach dem anderen löschen, während im Hintergrund die Bude abbrennt. Es braucht, da sind sich Liga und Spielergewerkschaft ausnahmsweise einig, einen einheitlichen und verständlichen Strafenkatalog für das Fehlverhalten von Spielern abseits des Platzes. Der Gewerkschaft werden durchaus Chancen eingeräumt, mit der Revision erfolgreich zu sein, weil die NFL beim Verfahren einige Regeln des Tarifvertrages verletzt habe. Für Goodell könnte es eng werden.

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