Gewalt in der Bundesliga:Investieren statt verdrängen

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Rauchbomben in Köln, Hausbesuche von Hooligans bei Spielern und gebrochene Nasen bei Profis: Das Ende der Bundesliga-Saison offenbarte eine gefährliche Tendenz zur Gewalt rund um den Fußball. Um gegen diese Entwicklungen vorzugehen, muss der Betrieb umdenken und Geld in die Hand nehmen - für Prävention, für Fan-Projekte und mehr Sozialarbeit.

Klaus Hoeltzenbein

Wer verdrängen will, wer sagt, der Fußball ist der Fußball und die Gewalt um den Fußball ist allein das Problem der Gesellschaft, der verbucht Vorfälle wie jene um den 1. FC Köln sofort als einen Spezialfall. Als Trauerarbeit rheinischer Extremisten. Die nicht nur im Stadion Rauchbomben zündeten, als der Abstieg am Samstag besiegelt war, sondern deren Sendboten in der Nacht auch vor dem Haus des Kapitäns Pedro Geromel randalierten.

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Erst ein emotionaler Abschied von Lukas Podolski, dann eine Niederlage und ein skurriles Eigentor und am Ende leben Chaoten ihre dunklen Träume aus: Der 1. FC Köln steigt ab und macht seinen Nationalspieler traurig.

Ein ähnlicher Vorfall wie Tage zuvor, als Hooligans, die sich zum Dunstkreis des Kölner Klubs zählen, dem Tschechen Michal Kadlec vor einer Disco die Nase brachen, nur weil er auf der anderen Rheinseite für Leverkusen verteidigt. Die Täter sind bekannt, sie werden in der bundesweiten Datei "Gewalttäter Sport" geführt, gegen sie war ein Stadionverbot verhängt. Aber ist damit das Problem für den Klub, auf dessen Namen sie sich berufen, bereits erledigt?

Die Verfolgung solcher Kriminalfälle obliegt den Strafbehörden. Es würde jeden Klub umgehend an die Grenzen seiner Existenz führen, würde man ihn für jeden Straftäter, der sich mit seiner Kutte tarnt, zur Rechenschaft ziehen oder in eine Mit-Verantwortung nehmen wollen. Und dennoch werden die Trennlinien von Fußball-Funktionären gerne zu eng gezogen: Unterschieden wird in Vorgänge in- und außerhalb des Stadions.

Zudem in Vorgänge, die dem Fußball, und in andere, die der Gesellschaft zuzuschreiben sein sollen. Aber der Fußball ist Teil dieser Gesellschaft, er sieht sich mittendrin, und deshalb muss er sich konkreter als bisher die Frage stellen: Was kann, was muss der Fußball tun, damit Gewalt am Ende nicht sogar das eigene Geschäftsmodell gefährdet?

Anders als in Italien ist der Besuch in den Stadien der Bundesliga ein Familienereignis - eine Folge der Party-WM 2006 und ein Verdienst der Vereine. Tribünenbilder aber, wie sie sich im Saisonfinale häuften, gefährden die Idylle: Die Szenen in Köln, aber auch in Düsseldorf, Karlsruhe und selbst bei der Meisterfeier in Dortmund, wo riesige Polizei-Aufgebote versuchten, Trauer und Freude zu kanalisieren, liefern Hinweise darauf, wie schnell Massenfluten außer Kontrolle geraten können. Gefahren drohen aber auch abseits der Massen und der großen Spiele: In Bielefeld wurde am Sonntag am Rande eines U23-Spiels ein Anhänger von Werder Bremen lebensgefährlich verletzt.

Soeben beginnt im Fußball die Debatte darüber, wie künftig die Fernsehgelder unter den 36 deutschen Profi-Klubs verteilt werden. Der neue Vertrag, der ab 2013/2014 in Kraft tritt, bringt im Saisonschnitt 628 Millionen Euro, eine Steigerung von mehr als 50 Prozent. Eine Botschaft wäre es, würden nicht nur Profis und Spielervermittler vom Zugewinn profitieren.

Es wäre ein Signal, wenn mit der Verteilung ein Bekenntnis verbunden wäre: Wir investieren in Prävention! Wir kümmern uns, wir stellen ein. Wir stärken Sozialarbeit in den Klubs, wir stärken Fan-Projekte. Denn die sind, quer durchs Land, viel zu schwach finanziert.

© SZ vom 08.05.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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