Geständnis von Ex-Radprofi:Boogerd gibt jahrelanges Doping zu

Michael Boogerd

Eine Dekade gedopt: Hollands Radsport-Ikone Boogerd

(Foto: dpa)

Epo, Kortison, unerlaubte Bluttransfusionen: Hollands ehemalige Radsport-Ikone Michael Boogerd gesteht, über zehn Jahre hinweg Mittel zur Leistungssteigerung genommen zu haben. Damit ist er bereits der achte Fahrer des früheren Rabobank-Rennstalls, der sich zum Doping bekennt.

Der Nächste, bitte: Nun kriecht auch die niederländische Radsport-Ikone Michael Boogerd zu Kreuze. Als achter Fahrer des früheren niederländischen Radrennteams Rabobank hat Boogerd die Einnahme von Dopingmitteln gestanden. Nach den Offenbarungen seiner einstigen Teamkollegen und auf Druck der Öffentlichkeit entschloss sich der 40-Jährige, in Exklusiv-Interviews mit der Tageszeitung De Telegraaf und dem TV-Sender NOS umfangreich auszupacken.

Der dreimalige niederländische Meister und Tour-de-France-Etappensieger räumte ein, von 1997 bis zu seinem Karriereende nach der WM 2007 auf unerlaubte Substanzen zurückgegriffen zu haben. Boogerd, einer der populärsten Radsportler im Nachbarland, gab zu, in dieser Zeit EPO und Kortison benutzt und Bluttransfusionen durchgeführt zu haben.

Er war Kunde des österreichischen Dopinghändlers Stefan Matschiner, der weitreichend in den Wiener Humanplasma-Skandal verwickelt war, wurde in seiner Karriere aber bei keiner Dopingkontrolle positiv getestet. "Es gibt nur wenige Sportler, die von sich aus Dopinggebrauch zugeben. Ich hatte nicht den Mut zu gestehen", sagte Boogerd: "Ich habe gehofft, dass es zum kollektiven Geständnis einer ganzen Generation kommt. Die Geschichten wurden schlimmer und schlimmer. Ich hatte den Eindruck, dass nur ich gejagt wurde. Als ob jeder meinen Skalp wollte. Die letzten Monate waren nicht die angenehmsten in meinem Leben. Ich habe beschlossen: bis hier und nicht weiter."

Den letzten Anstoß gab die Veröffentlichung von vier Rechnungen in Höhe von insgesamt 17.000 Euro, die Matschiner der Tageszeitung NRC Handelsblad überlassen hatte. Sie belegten die Zusammenarbeit von Boogerd und Matschiner. Zu den früheren Rabobank-Fahrern, die Doping zugegeben hatten, gehörte Ende Januar auch der Hannoveraner Grischa Niermann. Boogerd erklärte, er sei "immer vorsichtig" gewesen. "Ich habe nichts riskiert und mit mäßigem Gebrauch dafür gesorgt, dass ich nie Grenzwerte überschritten habe", sagte Boogerd, der für NOS als TV-Kommentator arbeitet und auch vom Sender selbst zu einem Geständnis gedrängt worden war.

Anschuldigungen schon seit 2008

Schon seit 2008 verfolgten Boogerd Anschuldigungen, die der einstige österreichische Gerolsteiner-Profi Bernhard Kohl mit seinem Geständnis ausgelöst hatte. Matschiner hatte daraufhin Namen seiner Kunden preisgegeben, unter anderem den von Boogerd. Boogerd sieht sich jedoch nicht als Opfer des Systems.

"Ich übernehme die Verantwortung für die Fehler, die ich gemacht habe. Ich will meine Fehler anderen nicht in die Schuhe schieben", sagte der Gesamtfünfte der Tour von 1998, die vom Festina-Skandal überschattet worden war. Auslöser für seine Entscheidung, verbotene Substanzen zu nehmen, seien jahrelange Leistungsnachteile gewesen. In seinem ersten Profi-Jahr 1994 sei er nur hinterhergefahren.

"Bei einer schweren Steigung war ich ganz hinten im Peloton, dabei war ich Kletterspezialist. So war es das ganze Jahr über, von Rennen zu Rennen", sagte Boogerd.Dazu habe ihm der damaligen Teamleiter Hilaire van der Schueren mangelnden Trainingseifer vorgeworfen. "Ich war schon ein Trainingstier, aber durch diese Kritik trainierte ich noch mehr. Es gab Tage, da absolvierte ich mehr als 300 Kilometer auf dem Fahrrad", sagte Boogerd.

Er habe wegen der hohen Erwartungen später "wie ein Mönch" gelebt. Und schließlich sei der Reiz, EPO zu probieren, zu groß gewesen. "EPO war bei Kontrollen nicht nachzuweisen, einfach zu erhalten. Man fährt besser Rad damit und erholt sich schneller. Dann muss man ein echter Moralritter sein, um dieser Verführung zu widerstehen". Boogerd bestätigte auch, dass sich Doping zu der Zeit wie eine Seuche ausgebreitet hatte. "Ich hatte nicht das Gefühl, dass ich etwas tat, das mir den Rest meines Lebens leid tun würde. Nein, es gehörte zum Berufsradsport".

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