Garmisch-Partenkirchen:Der ultimative Laura-Rummel

Willkommensfeier für Biathletin Laura Dahlmeier

Im Laura-Land: Dahlmeier wird auf einer Kutsche zum Kirchplatz gefahren.

(Foto: Angelika Warmuth/dpa)

Laura Dahlmeier wird Ehrenbürgerin ihrer Heimatgemeinde und alle sind in Ekstase: die Fans, die Reporter und der Laura-Dahlmeier-Fanklub verkauft Mützen für 49 Euro.

Reportage von Sebastian Fischer, Garmisch-Partenkirchen

Es passte kein Mensch mehr auf den Kirchplatz in Partenkirchen, "so eng war's noch nie", sagte die Bürgermeisterin. Ortsvereine hatten ihre Fahnen gehisst wie beim Schützenfest, Kinder schauten mit großen Augen. Ältere Männer hatten sich ihre Sonntagshüte aufgesetzt, um sie zu ziehen. Jüngere Frauen trugen grün-lila Laura-Mützen. Es war ja sehr kalt. Die Leute jubelten, aber um kurz vor sieben Uhr am Freitagabend war das nicht genug.

Die Begeisterung sollte live nach Bayern übertragen werden, also sozusagen in die ganze Welt. Deshalb sprang der BR-Reporter auf der Bühne auf und ab, die Arme gespreizt, die Beine gespreizt, wie ein Animateur auf der MS Deutschland. Er rief: "Laura! Laura! Laura!" Dann riefen die Menschen: "Laura! Laura! Laura!" Dann sagte Laura Dahlmeier, live in den Abendnachrichten und in die Nacht: "Des is' unheimlich schee."

Am Ortseingang lächelt sie den Autofahrern ins Gesicht

Überall in Deutschland sind in diesen Tagen Olympioniken empfangen worden, überall wollten die Menschen noch ein bisschen weiter begeistert sein. Bobfahrer schrieben in Berlin ins Goldene Buch, in Oberstdorf gab's ein Feuerwerk, selbst in Gaißach bei Bad Tölz haben sie gefeiert, als Langläufer Lucas Bögl nach Hause kam; er ist 15. geworden. Doch das war natürlich alles nicht zu vergleichen mit den Würden für Biathletin Dahlmeier. Sie ist nach zweimal Gold und einmal Bronze nun Ehrenbürgerin in ihrer Heimat.

Es gibt viele berühmte Wintersportler aus Garmisch-Partenkirchen, die Skifahrerin Maria Höfl-Riesch, die Neureuthers. Aber Ehrenbürger war hier bislang noch kein Sportler. Nachdem im vergangenen Jahr in der Lokalzeitung gestanden hatte, dass das ja nicht angeht, traf sich im Januar der Gemeinderat und beschloss einstimmig, Dahlmeier im Falle einer Goldmedaille in Südkorea umgehend von ihrer Ehrenbürgerwürde zu benachrichtigen.

Die Geschichte von Laura Dahlmeier, 24, ist in den vergangenen Wochen so oft erzählt worden, dass es eigentlich keinen Menschen geben kann, der sie nicht kennt: Sie wollte schon als Kind Olympiasiegerin werden, das hat sie in ein Freunde-Buch geschrieben; sie ist sehr erfolgreich und trotzdem sehr bodenständig. Sie arbeitet noch immer ehrenamtlich für die Bergwacht, obwohl sie sehr erfolgreich ist. Sie mag sehr ungern Rummel um ihre Person, weil sie sehr bodenständig ist. Sie geht lieber klettern und ist dann ganz bei sich. Das stand sogar in der Bunten, die aus einem Kletterunfall was Buntes dichtete: "Ein schweres Unglück ließ sie erst richtig stark werden."

Und nun also: Der ultimative Rummel um ihre Person, im Laura-Land, wo sie am Ortseingang von einem Plakat jedem Autofahrer ins Gesicht lächelt.

Grün-lila Laura-Mützen für 49 Euro

Morgens war sie noch langlaufen gewesen, der Sport sei schließlich ihr Beruf, sagte sie. Am Abend gab sie zunächst Interviews, mehrere TV-Sender waren gekommen. Es war spekuliert worden, dass Dahlmeier ihren Rücktritt bekanntgeben könnte. Doch das machte sie nicht, schon am kommenden Wochenende geht der Weltcup weiter, und solange sie gesund und motiviert sei, werde sie weitermachen. Sie sagte zwar nicht, dass sie noch jahrelang motiviert sein werde, aber das war die Geschichte für einen anderen Tag.

Sie kam in Jeans und Polo-Shirt ins Rathaus, es gab eine Live-Schalte für den BR. "I g'frei mi", sagte sie. "So sympathisch", erwiderte der Reporter.

Die Kapelle spielte Blasmusik, die Bürgermeisterin Sigrid Meierhofer, überraschenderweise von der SPD, überreichte die Urkunde. Später erzählte sie, dass sie die Laura schon lange kenne: Mit ihrer jüngsten Tochter war sie in der Klasse, mit der mittleren im Leichtathletikverein. Überhaupt hatte jeder eine Laura- Geschichte zu erzählen. Einer sagte: "Die Laura ist immer zum Kuchenessen rübergekommen." Meierhofer sagte, dass Dahlmeier nun hoffentlich oft auf ihre Heimat angesprochen und bitte nicht umziehen werde. Nicht wie Höfl-Riesch, sagte sie, wobei ihr Ton etwas kühler wurde. Höfl-Riesch wohnt inzwischen in Kitzbühel. Dahlmeier ließ alles lächelnd geschehen. Ihre Eltern saßen neben ihr, nach der Zeremonie schien sie ihre Mutter mit einem Blick zu fragen, ob sie auch etwas sagen müsse.

Dahlmeier sagte aber erst in der nächsten Schalte wieder "I g'frei mi". Der BR-Reporter hatte gefragt, wie man sich so fühle, so als Ehrenbürgerin. Davor hatte er, am Rathausausgang wartend, "Achtung! Jetzt kommt sie!" gerufen. Dahlmeier stieg in eine Kutsche, wurde mit Blasmusik zum Kirchplatz geleitet. Dort hatten sie eine Bühne aufgebaut. Der Ski-Club Partenkirchen schenkte ihr eine lebenslange Mitgliedschaft. Eine Hüttenwirtin schenkte ihr für ein Wochenende den Schlüssel zur Hütte, das hatte sich Dahlmeier schon als Kind gewünscht. Der Landrat schenkte ihr eine Ehrenplakette. Der Bereitschaftsleiter der Bergwacht schenkte ihr eine historische Kletterausrüstung und erstaunlicherweise eine Ausgabe der Deutschen Alpenzeitung von 1935. Er sagte: "Das Besondere an der Laura ist, dass sie einfach nur die Laura ist."

Später trugen noch mehr Menschen grün-lila Laura-Mützen, die gab es beim Stand des Laura-Dahlmeier-Fanklubs für 49 Euro. Der Fanklub habe nun fast 30 neue Mitglieder, sagte Dahlmeiers Tante Christina Dahlmeier-Weigelt, die Laura-Dahlmeier-Fanklub-Vorsitzende.

Ihre Nichte schrieb derweil Autogramme und ließ sich fotografieren. "Gebt's uns mal a bissl Luft zum Schnaufen", sagte der Pressesprecher, "Ihr bekommt's alle euer Foto." Luft zum Schnaufen, da lachten die Leute. Das wird ja wohl warten können.

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