Galopprennsport:Eine Große Woche

06 09 2015 Iffezheim Baden Wuerttemberg GER Prince Gibraltar mit Fabrice Veron gewinnt den Gros

Der braune Hengst Prince Gibraltar und Jockey Fabrice Veron gewannen am Sonntag den Großen Preis von Baden.

(Foto: Frank Sorge/imago)

Prince Gibraltar gewinnt den Großen Preis von Baden - Wegweisendes geschieht aber abseits des Geläufs.

Von Ulrich Hartmann, Iffezheim

Um 16.56 Uhr knallten am Sonntag die Türen der Startmaschine auf. Ein Raunen ging durchs Publikum. Sieben Vollblüter stürzten sich auf die 2400 Meter lange Strecke und galoppierten zweieinhalb Minuten lang um den Sieg in einem der renommiertesten deutschen Galopprennen, dem Großen Preis von Baden in Iffezheim. Ausgangs der Schlussgeraden wurde es bei aufbrandendem Applaus von 14 554 Zuschauern ein knapper Sieg für den 25:10-Favoriten Prince Gibraltar aus Frankreich unter dem Jockey Fabrice Veron. Der vierjährige Hengst sicherte seinem Besitzer Jean-François Gribomont damit 150 000 Euro Preisgeld und einen Startplatz sowohl beim Breeder's Cup Ende Oktober in Lexington, Kentucky, als auch beim Japan-Cup Ende November in Tokio. Die deutschen Mitfavoriten Nightflower unter Andrasch Starke und Sirius unter Jozef Bojko mussten sich mit dem zweiten und dritten Platz begnügen.

Auf der Rennbahn knistert wieder die Luft, aber von knisternder Luft kann der Rennsport nicht leben

Aus seinem Büro im vierten Stock hoch über der Rennbahn schaute der Geschäftsführer der Baden Racing GmbH derweil hinunter auf das grüne Geläuf. Nur sieben Pferde hat Benedict Forndran also diesmal im Großen Preis laufen sehen und darunter in dem Sieger Prince Gibraltar auch nur eines aus dem Ausland. Favorit Ito war kurz vor dem Start wegen leichten Fiebers herausgenommen worden.

Stolze 250 000 Euro betrug die Gesamtgewinnsumme zwar immer noch, aber sie war einst drei Mal so hoch gewesen - und für das Interesse an einem der renommiertesten deutschen Galopprennen gilt das ungefähr ebenso. Forndran weiß um die Schwierigkeiten des deutschen Galoppsports mit sinkenden Wettumsätzen und verbesserungswürdiger Aufmerksamkeit bei Öffentlichkeit und Sponsoren. Doch im Verlauf der Großen Rennwoche in Iffezheim bei Baden-Baden hat es soeben zwei Entscheidungen gegeben, die ihm Hoffnung machen auf eine Verbesserung der komplizierten Lage. Der Einstieg des französischen Wettanbieters PMU beim deutschen Wettanbieter German Tote und die Verlängerung des Pachtvertrags seines Rennvereins mit der Gemeinde Iffezheim stimmen Forndran optimistisch, dass es sukzessive wieder aufwärts geht mit dem deutschen Galoppsport. Erste Voraussetzung dafür aber ist für Forndran: "Wir müssen unser Produkt Pferderennen wieder ins Bewusstsein der Bevölkerung bringen."

Binnen acht Jahren sind in Deutschland die Wettumsätze und die Rennen, die Zahl der aktiven Züchter ebenso wie die Anzahl der Deckhengste und der Fohlengeburten um etwa ein Drittel zurückgegangen. Im längerfristigen Vergleich sind die Verluste noch viel höher. "Das ist ein Teufelskreis", sagt Forndran, "eine negative Spirale." Weniger Wetteinsätze bedeuten weniger Prämien, weniger Prämien haben weniger Engagement in der Zucht zur Folge, und mit weniger Pferden gibt es weniger Rennen. Diese Spiralbewegung zu stoppen und langsam in die andere Richtung zu drehen, das erhoffen sie sich im deutschen Galoppsport von dem Deal mit dem französischen Wettmonopolisten im Pferderennsport, der PMU. Der etwa zehn Milliarden Euro Jahresumsatz schwere Konzern hat durch eine Kapitalerhöhung für 3,5 Millionen Euro soeben eine 51-prozentige Mehrheit an German Tote (Jahresumsatz 235 Millionen Euro) übernommen. German Tote ist die Wettorganisation der deutschen Pferderennsportvereine.

Durch die Kapitalspritze der Franzosen besitzt der deutsche Pferderennsport nun gute Investitionschancen zum Ausbau der Wettmöglichkeiten im Internet und zur Vervielfachung seiner bislang sehr übersichtlich positionierten Annahmestellen. Der Galoppsport will zumindest partiell Anteile zurückgewinnen, die er im Laufe der vergangenen Jahre etwa an den stark expandierenden Fußballwettmarkt verloren hat. "Eine Verdoppelung unserer gegenwärtigen gesamtdeutschen Wettumsätze" hält Forndran für wünschenswert. Das würde den Pferderennsport hierzulande entscheidend voranbringen. "Wir Rennvereine knapsen alle nahe der Null", sagt er, "das Sparen haben wir längst gelernt." Höhere Wettumsätze, so die Kalkulation, könnten den Teufelskreis durchbrechen.

In einer Rennwoche wie jener, die am Sonntag in Iffezheim zu Ende gegangen ist, ist rein emotional von der Krise freilich nur wenig zu spüren. Die Menschen flanieren, sie wetten, sie fiebern und jubeln (oder fluchen) bei jedem Rennen mit. Die Luft knistert, aber von knisternder Luft können Rennvereine nicht leben. "Wir müssen den Pferderennsport als Ganzes in Deutschland zu einer höheren Popularität führen", sagt der German-Tote-Geschäftsführer Riko Luiking und erinnert an Zeiten, als es den "Galopper des Jahres", das "Rennquintett" oder im Vorabendprogramm die "Rivalen der Rennbahn" noch gab.

In jene Achtzigerjahre fallen auch die großen Zeiten der Iffezheimer Rennbahn. Soeben hat die Gemeinde Iffezheim den Pachtvertrag mit Baden Racing um 20 Jahre verlängert. Damit geht auch die Hoffnung einher, dass die Rennbahn bald wieder im Lichte ihrer ruhmreicheren Vergangenheit erstrahlt.

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