Fußballerin Birgit Prinz:Bestaunte Majestät

Bei der Fußball-WM in den USA hat Birgit Prinz bislang sieben Tore geschossen. Am kommenden Sonntag trifft das deutsche Team im Finale auf Schweden - und die Stürmerin wird wieder auf Torejagd gehen.

Kathrin Steinbichler

(SZ vom 09.10.2003) - Wenn jemand auffällt, versuchen die anderen um ihn herum meist, das Besondere an ihm einzuordnen und mit Etiketten zu versehen. Ob es dem Betroffenen passt oder nicht, der Mensch will wissen, was er vor sich hat, und wenn es nur die eigene Vorstellung davon ist.

Birgit Prinz hat sich daher daran gewöhnt, als Fußballerin bestaunt und beobachtet zu werden, "als wenn ich im Zoo hinter der Scheibe wäre". Dabei ist das, was die 25-jährige Frankfurterin auf dem Platz zeigt, für sie selbst so normal, wie "wenn ein Bäcker besonders gute Brote backt". Bemerkenswert, aber nicht starverdächtig. Doch die Fakten klingen nicht so normal.

Sieben Tore hat die Stürmerin bislang bei der Fußball-WM in den USA geschossen, so viele wie niemand sonst bei diesem Turnier. 15 Mal hat sie dafür zwischen die Torstangen gezielt und abgezogen, so oft wie keine andere Spielerin. Dazu hat sie schon vier Torvorlagen gegeben, nur Sturmpartnerin Maren Meinert übertrifft sie dabei mit sieben Assists. USA Today nannte sie schon vor dem Halbfinalsieg über Titelverteidiger USA "The Great German", die große Deutsche. Und die WM-Seiten der Fifa im Internet erhoben sie nach Deutschlands Einzug ins WM-Finale gegen Schweden zur "new royalty of women's football" - zur neuen Majestät des Frauenfußballs.

Damals, im Februar 1995, hatte sich Birgit Prinz kaum Gedanken gemacht über den Wirbel, den sie erstmals international verursacht hatte. Mit gerade 17 Jahren wurde sie im EM-Halbfinale gegen England eingewechselt und erzielte den deutschen Siegtreffer. Im Finale gegen Schweden in Kaiserslautern setzte sie sich - zwei Minuten nach ihrer Hereinnahme - gegen die gesamte schwedische Abwehr durch und traf zum 2:1. Deutschland wurde Europameister.

Acht Jahre später, mit inzwischen 109 Länderspielen, bei denen sie 61 Tore schoss, trägt Prinz bereits 17 nationale und internationale Titel: Deutsche Meisterschaften, Pokalsiege, den ersten Uefa-Cup der Frauen 2002 mit dem 1. FFC Frankfurt, den US-Meistertitel 2002 mit ihrem Profiverein Carolina Courage sowie drei EM-Titel. Ende 2002 wurde sie schließlich für ihre Leistungen hinter US-Star Mia Hamm zur Weltfußballerin des Jahres gewählt. Doch Prinz sagt nur: "Ich fühle mich geehrt, aber im Endeffekt steht die Mannschaft im Vordergrund. Wer von uns vorne die Tore macht, ist vollkommen egal."

Bei diesem WM-Turnier hat sie mit dieser Aussage sogar Recht. Keine andere Mannschaft hat so viele Tore (23) und so viele verschiedene Torschützinnen (9). "Uns zeichnet aus, dass wir eine unglaubliche Teamleistung zeigen", sagt Prinz, "und das wird auch anerkannt." - "Die Deutschen können sich durch gutes Kombinationsspiel auf engstem Raum unter Druck befreien", sagte US-Trainerin April Heinrichs, "und die Situation dann durch Direktspiel sofort wieder über den Platz verlagern." Dass Deutschland auch den Torabschluss nicht versäumt, liegt an Prinz und Sturmpartnerin Maren Meinert, die mit exzellenter Übersicht und klugen Pässen die deutsche Offensive schwer ausrechenbar macht.

Dank ihrer Athletik (1,79 Meter, 76 Kilogramm) und ihrer Technik stellt Prinz die gegnerische Verteidigung ständig vor Probleme. "Sie kann links und rechts schießen und ist in der Vorwärtsbewegung kaum aufzuhalten", sagte Russlands Nationaltrainer Yuri Bystritsky nach der 1:7-Niederlage seines Teams gegen Deutschland im Viertelfinale. "Birgit ist eine hervorragende Fußballerin mit einem instinktivem Gefühl für Spielsituationen", sagt Meinert, "man kann nichts falsch machen, wenn man sie anspielt." Oft genug passt Prinz danach auf die besser postierte Mitspielerin, während sich zwei und mehr Abwehrspielerinnen auf sie konzentrieren. In die Lücken, die entstehen, rücken die Mittelfeldspielerinnen sofort nach. "Wenn sich alle gut bewegen, fallen Tore fast zwangsläufig", sagt Birgit Prinz.

Am Sonntag (19 Uhr/ARD live), wenn Deutschland gegen Schweden zum zweiten Mal nach 1995 den Anlauf auf den WM-Titel unternimmt, werden wieder die Blicke auf Birgit Prinz gerichtet sein. Doch die hat ihre eigene Vorstellung vom Spiel: "Wir wollen diesen Titel. Und irgendeine, wer auch immer, wird das Tor dazu schießen."

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