Fußball-WM:Russland läutet den Partymodus ein

  • Russland besiegt Ägypten mit 3:1 (0:0), an einem Abend, an dem wieder alles aufs Beste für den Gastgeber zusammenlief.
  • Nach der Pause beginnt jene unwirkliche Viertelstunde, an deren Ende ganz Russland aus dem Häuschen zu sein scheint.
  • Ägyptens Mo Salah kann nach seiner Schulterverletzung wieder spielen, er verwandelt einen Elfmeter. Dann wird es nochmal kurz spannend.

Von Johannes Aumüller, Sankt Petersburg

Irgendwie schien es, als wüssten die russischen Spieler selbst nicht so genau, wie sie mit diesem unerwarteten Moment umgehen sollten. Der Torwart Igor Akinfejew ging langsam aus seinem Tor Richtung Mittellinie, andere blieben einfach stehen und beugten sich erschöpft gen Boden, und wieder andere klatschten sich immerhin ein bisschen ab. Nur draußen vor der Ersatzbank entstand eine riesige Jubeltraube, während die Regie die ersten Klänge von "Kalinka" einspielte, dieser alten Volksweise.

Mit 3:1 (0:0) gewann die Sbornaja dieses zweite Gruppenspiel gegen Ägypten, an einem Abend, an dem wieder alles aufs Beste für sie zusammenlief. Nach dem 5:0 zum Auftakt gegen Saudi-Arabien ist die Qualifikation fürs Achtelfinale fast perfekt. Theoretisch gibt es noch eine Möglichkeit, wie es nicht funktioniert, aber die Wahrscheinlichkeit dafür ist noch geringer als für einen baldigen Rücktritt von Russlands Staatspräsident Putin. Und das mit einem Team, dem nicht viel zugetraut worden war.

Auf ägyptischer Seite hatte es vor dem Spiel nur eine Person und ein Körperteil gegeben, die von Interesse waren, und das waren der Angreifer Mo Salah und dessen seit dem Champions-League-Finale lädierte Schulter. Tagelang debattierten sie in Ägypten bang, ob der Mann vom FC Liverpool 24 Tage nach der Verletzung endlich auf dem Platz stehen könne. Und dann, eine Stunde vor dem Anpfiff, war klar, dass Salah in der Startelf stehen würde.

Salah ist die Pause anzumerken

Schon beim Aufwärmen und der Präsentation der Aufstellung reichten fortan jede Erwähnung des Namens Salahs und jedes Erscheinen Salahs auf der Leinwand, um die ägyptischen Fans in helle Begeisterung zu versetzen. Doch so schnell ging es dann doch nicht mit Salah, die Pause und der Respekt vor der weiter lädierten Schulter waren ihm anzumerken - und der russische Routinier Jurij Schirkow verteidigte geschickt gegen ihn. Keiner hatte zunächst so wenige Ballkontakte wie Salah, erst gegen Ende der ersten Hälfte steigerte er sich und kam zu einer ersten Torchance.

Allerdings brachten auch die 21 Spieler, die nicht Salah heißen, zunächst nicht viel zustande. Denn es war zwar ein durchaus temporeiches und unterhaltsames Spiel, anfangs mit leichtem Plus für Russland, später dann einem stärkeren Plus für Ägypten. Aber viele Torchancen, ein Treffer gar, sprangen nicht heraus. Schüsse von Alexander Golowin (7.) und Denis Tscheryschew (19.) für Russland sowie etwas gefährlichere Schüsse von Trezeguet (16.) und eben Salah (42.), das war es im Wesentlichen in der ersten Hälfte.

Salah trifft und es wird nochmal spannend

So gingen sie mit einem 0:0 und zu den Klängen von "Katjuscha", dieser anderen alten Volksweise, in die Pause. Doch als diese vorüber war, begann jene unwirkliche Viertelstunde, an deren Ende ganz Russland aus dem Häuschen war. Der erste richtige Angriff der Sbornaja lief, Roman Sobnin hielt aus der Distanz drauf, aber er traf den Ball nicht richtig, und es sah überhaupt nicht gefährlich aus - aber dann fälschte der ägyptische Verteidiger Ahmed Fathi den Ball kurios ab, und schon lag der Gastgeber mit 1:0 in Führung.

Kurz darauf hatte Salah die Chance zum Ausgleich (56.), aber er scheiterte an einem gegnerischen Abwehrspieler, und stattdessen nutzten die Russen ihre zweite Chance in der zweiten Hälfte zu ihrem zweiten Tor: Mario Fernandes lief rechts auf die Grundlinie durch, passte zurück, und von dort schoss Denis Tscheryschew ein (59.). Schon im Auftaktspiel gegen Saudi-Arabien hatte der Mittelfeldspieler des FC Villarreal zweimal getroffen. Und weil das noch nicht genug war, war auch direkt der nächste Ball im Tor: Nach einem weiten Freistoß stoppte Angreifer Artjom Dsjuba den Ball mit der Brust und schoss flach ein (62.).

Drei Chancen, drei Tore, 3:0. Da explodierte die Stimmung im Krestowskij-Stadion zu Sankt Petersburg, und mitten im Jubel lag auf einmal ein Stück Stoff in der Mitte des Spielfeldes. Niemand schien es zu bemerken, es lag einfach da, Minute um Minute, fast eine Viertelstunde lang, während der Ball irgendwo anders auf dem Feld herumflog, und auch wenn der Ball ganz nah kam, schien sich niemand zu stören. Weiß-blau-rot gestreift war dieses Stück Stoff, es war Russlands Nationalflagge, und wie es da so lag, schien es zu signalisieren: Dieser Platz hier gehört Russland.

Die Ägypter gaben nicht auf, sie haben ja auch diesen Mo Salah, und als der bei einem Angriff festgehalten wurde, entschied der Schiedsrichter nach Hinweis seines Video-Assistenten auf Elfmeter. Salah traf, dann wurde es noch mal kurz spannend, aber mehr als dieses Tor zum 1:3 kam nicht mehr. Die Russen standen ziemlich sicher, die 50:50-Entscheidungen des Schiedsrichters fielen fast immer zu ihren Gunsten aus (auch bei einem weiteren elfmeterwürdigen Foul), und bei manchen Kontern wäre am Ende sogar noch ein viertes Tor drin gewesen. Aber das wäre dann wohl doch zu viel des Guten gewesen.

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