Fußball-WM:Mexiko arbeitet an seinem Ruf

WM 2018 - Südkorea - Mexiko

Chicharito klopft sich nach seinem Treffer auf das mexikanische Wappen.

(Foto: dpa)
  • Mexiko gewinnt im zweiten Gruppenspiel gegen Südkorea verdient mit 2:1.
  • Damit festigen die Mexikaner ihre aussichtsreiche Ausgangssituation für das Erreichen des Achtelfinales.
  • Südkorea probiert mehr als im Spiel gegen Schweden, bleibt aber trotzdem meist zu harmlos.

Von Benedikt Warmbrunn

In wahrscheinlich keiner anderen Situation in einem Fußballspiel kommt es so sehr auf die Psyche an wie bei einem Elfmeter, das weiß auch Hyeon-Woo Jo. Der Ball lag auf dem Elfmeterpunkt in Jos Strafraum, der Mexikaner Carlos Vela wartete auf den Pfiff, alle waren bereit. Alle, nur Jo nicht. Der südkoreanische Torwart nahm sich erst einmal die Zeit für ein Psychoduell, er stellte sich neben sein Tor, er trank aus seiner Flasche, er hüpfte herum, er ließ sich vom Schiedsrichter ermahnen. Irgendwann stand er dann im Tor, zuversichtlich, Vela verunsichert zu haben. Dann ertönte der Pfiff.

Schon im ersten Spiel der Südkoreaner, ein paar Tage zuvor gegen Schweden, hatte es einen Elfmeter auf Jos Tor gegeben, auch damals hatte Jo alles unternommen, um Andreas Granqvist zu verunsichern (nur das mit der Trinkflasche, das war ihm damals noch nicht eingefallen). Dann ertönte der Pfiff. Und Granqvist, der die ganze Zeit ruhig geblieben war, traf. Schweden gewann 1:0.

Nachdem am Samstag in Rostow am Don der Pfiff des Schiedsrichters ertönt war, lief Vela, der die ganze Zeit ruhig geblieben war, an, Jo breitete die Arme aus. Dieses Mal musste er doch etwas bewirkt haben mit seinen Mätzchen. Jo flog nach rechts, Vela schoss in die andere Richtung. Er traf.

Mexiko balanciert Aufwand und Ertrag perfektionistisch aus

Die Südkoreaner haben am Samstag nichts unversucht gelassen, sie haben einen nicht unerheblichen Aufwand betrieben, doch am Ende erging es der gesamten Mannschaft so, wie es Jo in nun zwei Elfmetersituationen erging: Es brachte zu wenig an Ertrag. Am Samstag gewann Mexiko 2:1 (1:0), wieder war das 1:0 ein verwandelter Elfmeter.

Südkorea erzielte zwar nach drei torlosen Partien erstmals wieder einen Treffer, doch die Mannschaft hat nun turnierübergreifend seit acht WM-Spielen nicht mehr gewonnen. Die Mexikaner dagegen, die zum Auftakt gegen Deutschland gewonnen haben, haben sich für den weiteren Verlauf des Turniers in Stellung gebracht als eine unangenehme Mannschaft, die Aufwand und Ertrag perfektionistisch ausbalanciert und obendrein in manchen Situationen noch ein bisschen Glück hat.

Südkorea hatte aus dem harmlosen Auftritt gegen Schweden ein paar Lehren gezogen, die Mannschaft agierte offensiver - und sie agierte aggressiver. Nach zwölf Minuten hatte das Team siebenmal gefoult, am Ende kam Südkorea in dieser Statistik auf 20 Einträge (Mexiko auf fünf).

Raffinierte Mexikaner gegen harmlose Südkoreaner

Die erste Torchance erspielte sich Südkorea nach einer Umschaltaktion, Hauptdarsteller der Szene war Heung-Min Son, schon gegen Schweden der auffälligste Südkoreaner. Der Angreifer von Tottenham Hotspur dribbelte in den Strafraum hinein, seinen ersten Schuss blockte Carlos Salcedo ab, seinen zweiten Schuss blockte Héctor Moreno ab, sein dritter Schuss ging am Tor vorbei (23.). Eine Minute später parierte Mexikos Torwart Guillermo Ochoa einen Kopfball von Sung-Yong Ki.

Im direkten Gegenzug kam es dann zur Elfmeterszene. Andrés Guardado flankte von der linken Seite, Hyun-Soo Jang rutschte ihm entgegen, den linken Arm in die Höhe gestreckt. Und mit diesem linken Arm fing er die Flanke ab. Also probierte sich Jo wieder an einem Psychospielchen. Wieder scheiterte er, Vela traf unberührt (26.).

Südkoreas Treffer kommt zu spät für einen nennenswerten Ertrag

Die Führung kam den cleveren Mexikanern entgegen, sie gingen nun weniger ins Risiko. Südkorea dagegen betrieb weiterhin hohen Aufwand, und weiterhin fehlte der Ertrag. Die besten Chancen hatte, natürlich, Son; einmal rettete der heraus eilende Ochoa gerade noch vor dem Angreifer (39.), einen aussichtsreichen Schuss von Son fälschte Salcedo ins Aus ab (45.).

Mexiko spielte in der zweiten Halbzeit zunächst die Kontergelegenheiten nicht konsequent aus, aber es boten sich ja immer wieder neue Räume, zum Beispiel in der 66. Minute. Hirving Lonzano leitete den Konter ein, Chicharito dribbelte, in den Strafraum hinein, er ließ Jang ins Leere grätschen, dann traf er. So schnell ging alles, dass Jo nicht einmal zu einem Psychospielchen kam.

Wie harmlos Südkoreas Offensive ist, zeigte sich wenige Minuten später besonders eindrucksvoll: Nach einem zu kurzen Rückpass des eingewechselten Rafael Márquez schnappte sich Son den Ball, er lief aber nicht zielstrebig aufs Tor zu, sondern wich zur Seite aus, um dann den Ball mit der Hacke auf Ki zu spielen. Der wusste mit dem Ball auch nicht viel anzufangen, er vertändelte ihn, und schon hatte sich Ochoa auf ihn geworfen (75.). Das war eine dieser Szenen, in denen die raffinierten Mexikaner obendrein auch noch Glück hatten. Zum Endstand führte dann eine herrliche Einzelaktion von Son, allerdings lief da bereits die dritte Minute der Nachspielzeit. Mit viel Gefühl schlenzte Son den Ball ins Tor, es war ein Treffer, der viel über die Qualitäten des Angreifers verriet. Für einen nennenswerten Ertrag kam er jedoch zu spät.

WM-Spielplan 2018

Unser WM-Spielplan 2018 bietet Ihnen alle Spiele auf einen Blick. Sie können sich auch Ihren eigenen Plan ausdrucken - auf DIN A3 oder DIN A4.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: