Vom Leningrader Bahnhof in Moskau fahren die Nachtzüge nach St. Petersburg, die Strecke verbindet Russlands größte Städte, das Zentrum mit dem Norden, im Moment sogar die Lebenden mit den Toten. Denn während der Weltmeisterschaft sammeln sich die Fans des ägyptischen Nationalteams vor diesem gewaltigen Bahnhof, sie haben sich als Tutanchamun verkleidet, seine blau-goldene Totenmaske passt zum gold-golden schimmernden Bahnhofsgebäude. Es gibt während der Weltmeisterschaft derart viele Tutanchamune in den Weiten Russlands, dass man diesen ungewohnten Plural ausnahmsweise strapazieren kann. Die Tutanchamune rauchen, die Tutanchamune wischen auf dem Smartphone herum, die Tutanchamune tragen das ägyptische Nationaltrikot und schicke, vor allem vollständig erhaltene Dreitagebärte. Kenner wissen: Die echte Tutanchamun-Maske im Ägyptischen Nationalmuseum war vor nicht sehr langer Zeit einer Gruppe von Putzfrauen runtergefallen, den abgebrochenen Bart hatten sie mit Kunstharz wieder angeklebt, nachlässig und schief.
Fußball-WM in Russland:Ist die Party noch zu retten?
Fußball-Weltmeisterschaften spiegeln nahezu magisch die Stimmung der Zeit, in der sie stattfinden. So war es 2006, als Deutschland der Welt die Hand reichte. Und jetzt?
Von Holger Gertz
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