Fußball-WM: England - Algerien:Witz gegen Kampf

England kämpft und rennt, Algerien spielt und dribbelt - aber am Ende steht es trotzdem 0:0. Die englische Elf enttäuscht erneut und muss nun um den Einzug ins Achtelfinale bangen.

Dies gleich vorneweg: England hat am Freitagabend gegen Algerien nur 0:0 gespielt, aber der englische Torwart kann wirklich nichts dafür. Man muss das herausstellen, weil das in England ja ein großes Thema gewesen ist in den vergangenen Tagen, die Torwartfrage, der Fehler von Robert Green im Auftaktspiel gegen die USA (1:1), verbunden mit der Frage, ob Green nicht sofort und für immer des Landes verwiesen oder zumindest für das nächste Spiel ausgewechselt werden sollte.

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Wo ist der Ball? Wayne Rooney konnte auch beim zweiten WM-Spiel seine Klasse nicht unter Beweis stellen.

(Foto: afp)

Englands Torhüter sind bei großen Turnieren oft ein Hingucker, und man kann in England auf alles wetten, also auch darauf, wer bei der Nationalmannschaft im Tor steht. Wetten beziehen ihren Reiz allerdings vor allem von ihrem offenen Ausgang. Und die Sache mit Robert Green war dann doch so eindeutig, dass die englischen Buchmacher ihre Existenz gefährdet sahen, nähmen sie allzu lange Wetten zu Greens möglicher Verbannung auf die Ersatzbank an. Spätestens am Freitagmorgen war klar, dass Green vorerst nicht mehr Englands Torhüter sein würde: Trainer Fabio Capello hatte beim Frühstück mit Green gesprochen, danach entschied er sich für James. Da hatten die Buchmacher die Wette bereits aus dem Programm genommen.

David James hatte schon einige Sternstunden in seiner Karriere, weshalb ihm die oft gehässige englische Boulevardpresse einmal den Namen "Katastrophen-James" gab, und dass er dennoch immer noch da ist, das sagt mehr über die englische Torwartsituation aus als über David James.

In ein paar Wochen wird James 40 Jahre alt, womit er der älteste Spieler bei dieser WM ist und zum Beispiel doppelt so alt wie der algerische Offensivmann Ryad Boudebouz; aber James sieht nicht so aus, seine Rastafrisur wirkt jugendlich, und das gelbe Trikot, die gelbe Hose und die gelben Stutzen betonten seine Jugendlichkeit am Freitagabend noch. James spielte ordentlich, aber Boudebouz spielte gut, frech wie seine Kollegen: Die Algerier waren offensiv und irgendwie gewitzter als die Engländer - so sehr, dass die Rooneys, Lampards und Gerrards Eins-gegen-Eins-Situationen gegen die Laifaouis, Mesbahs und Abdouns weitgehend mieden. Aber doch vermochten die Algerier James nicht so sehr zu prüfen wie die Engländer, die nach einer halben Stunde einen fiesen Rückpass fast von der Mittellinie aus schlugen, der Ball sprang unmittelbar vor James auf, James wackelte ein bisschen, aber er brachte den Ball mit der Brust unter Kontrolle. Vielleicht war das auch ein Test: Mal sehen, was unser Torwart heute so drauf hat. James bestand.

Auf der anderen Seite testeten sie aber auch den algerischen Torhüter, einen 24-jährigen Mann namens Rais M'Bohli: Frank Lampard kam in der 33. Minute frei im Strafraum zum Schuss, der Ball sauste flach über den Rasen, M'Bohli wehrte mit einem Hechtsprung ab. Aber sonst? Die Engländer wirkten hektisch, unsicher, besonders Wayne Rooney wollte nicht in dieses Spiel finden. Er hat mit 24 Jahren nun sechs WM-Spiele in seiner Karriere bestritten, aber noch kein einziges Tor dabei erzielt.

Es muss wohl so gegen Anfang der zweiten Halbzeit gewesen sein, als die Algerier zu spüren begannen, dass sie zumindest einen Punkt holen könnten an diesem Tag. Algerien trat nur mit einem Stürmer an, aber das genügte, weil dieser eine Stürmer sehr quirlig war und die englische Abwehr beschäftigte, die innen aus John Terry (Chelsea) und Jamie Carragher (Liverpool) bestand und außen aus Ashley Cole (ebenfalls Chelsea) und Glen Johnson (ebenfalls Liverpool). Algeriens Stürmer war: Karim Matmour von Borussia Mönchengladbach.

Eine Viertelstunde vor Schluss stimmten die englischen Fans die Nationalhymne an, das tun sie oft im Fußballstadion, aber jetzt klang es wie eine sonderbare Mischung aus Verzweiflung und Hoffnung. England gab nicht auf, es rannte und kämpfte, und Capello wechselte in der 84. Minute den 2,01 Meter großen Stürmer Peter Crouch für den defensiven Gareth Barry ein. Es brachte: nichts.

Null null, das klingt ereignislos, aber man täte dem Spiel unrecht, es so zu beschreiben. Es war kein gutes Spiel, das nicht, weil beide Mannschaften viele Fehler machten. Aber es war auch kein langweiliges, eben weil beide Mannschaften viele Fehler machten. Und für England hat diese Partie auch eine gute Seite: Über die Torhüter werden sie zuhause jetzt erst mal nicht mehr reden.

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