Fußball-Turniere:Frauen schlagen U 21

Frauen-WM Deutschland - Schweden

WM als Plattform: Anja Mittag, l., und Dzsenifer Marozsan freuen sich über den Achtelfinal-Sieg gegen Schweden.

(Foto: dpa)

Frauenfußball steht meist im Schatten der männlichen Konkurrenz - aber momentan nicht: Die Frauen-WM ist bei deutschen Zuschauern weit beliebter als die Männer-EM der U 21.

Von Lisa Sonnabend

Statt für mehrere Millionen werden Fußballerinnen für ein paar Zehntausend Euro von einem Verein an den nächsten abgegeben. Das Leistungsgefälle ist bisweilen so groß, dass manche Partie zweistellig endet. Und eine Bundeskanzlerin hat es noch nie für lohnenswert befunden, nach einem Sieg in der Kabine vorbeizuschauen. Es gibt also noch viel Luft nach oben im Frauenfußball, und doch zeigt die Frauen-Weltmeisterschaft in Kanada derzeit deutlich: Der TV-Zuschauer findet großen Gefallen an ihr.

Wenn die deutschen Spielerinnen an diesem Freitag im Viertelfinale gegen die starken Französinnen antreten, rechnet die ARD mit sieben Millionen Zuschauern. Mindestens. Obwohl die Anstoßzeit um 22 Uhr nicht mehr in die Hauptsendezeit fällt. Das ist viel Interesse an einer Sportart, die für manche noch immer als exotisch gilt.

Sogar wenn das Fernsehpublikum zur gleichen Zeit Männern beim Fußballspielen zusehen kann, zappt es lieber zu den Frauen rüber. Als am vergangenen Samstag in der ARD Anja Mittag mit einem präzisen Rechtsschuss die Führung gegen Schweden erzielte, kämpften bei der U-21-EM im ZDF gerade die Nachwuchsfußballer im zweiten Gruppenspiel gegen Dänemark ums Weiterkommen. Die Männer schafften den Einzug ins Halbfinale und damit die Qualifikation für Olympia, doch das Duell gegen die Frauen verloren sie.

Während im ZDF 4,91 Millionen Menschen zuschauten, guckten 6,12 Millionen Frauenfußball. Der Marktanteil betrug 26 Prozent. Ein deutlicher Sieg - obwohl das Spiel der Männer bereits mehr als eine Stunde eher zu einer deutlich attraktiveren Zeit, nämlich um 20.45 Uhr, angepfiffen wurde.

Der Frauenfußball hat in den vergangenen Jahren eine erstaunliche Entwicklung genommen. Das Spiel ist taktisch und technisch raffinierter geworden, das Tempo rasanter. Gegen Thailand schossen die Deutschen 36-mal aufs Tor. Das lockt auch Zuschauer in Kanadas Stadien. 20 000 Fans kamen jeweils, um die Spiele der DFB-Elf live zu erleben, die Partie gegen Schweden in Ottawa war ausverkauft. Bei der WM-Eröffnung in Edmonton feuerten sogar 53 000 Menschen im Stadion die Heimmannschaft an - Rekord im kanadischen Fußball.

Bei der U-21-EM dagegen lockte das Spiel Deutschland gegen Serbien nur 5490 Zuschauer ins Letná-Stadion in Prag. Zu den anderen DFB-Spielen kamen um die 15 000, doch viele Plätze blieben leer. Dass Nadine Angerer und ihre Team-Kolleginnen bald so viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen wie Bastian Schweinsteiger, ist allerdings unwahrscheinlich. Nach dem Turnier in Kanada droht die Ernüchterung. Wie nach der WM 2011 in Deutschland.

Bei Bundesliga-Heimspielen der Frauen sitzen meist weniger als tausend Fans auf den Tribünen. Im Fernsehen werden die Partien nur auf dem zweiten Kanal von Eurosport gezeigt, jenseits der öffentlichen Wahrnehmung. Die Sportart ist dann für viele wieder nicht mehr als eine kuriose Randerscheinung.

Die U-21-Spieler dagegen kehren nach der Europameisterschaft in ihre Bundesligaklubs zurück. Sie laufen wieder in vollen Stadien auf, schließen neue Werbeverträge ab. Einige werden in der Sommerpause auch den Verein wechseln. Nicht für ein paar Tausend Euro, sondern für Millionen.

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