Fußball-Transfers:Mesut Özil, die neue Real-Trophäe

Lesezeit: 3 min

Nach einem tagelangen Gefeilsche erteilt Bremen Özil für geschätzte 15 Millionen Euro die Freigabe. Eine Aussage von Özils Vater in einer türkischen Zeitung dürfte die Entscheidung beschleunigt haben.

Javier Caceres und Jörg Marwedel

Der letzte Tag des Mesut Özil als Angestellter des SV Werder Bremen endete am Dienstag vor dem Training um 15.30 Uhr. Der deutsche Nationalspieler setzte sich vor der Übungseinheit in seinen Wagen und fuhr davon. Zuvor hatte er um 14.02 Uhr die Geschäftsstelle im Weserstadion betreten, kurz darauf erhielt er von Werder-Chef Klaus Allofs das Okay für den Wechsel zu Real Madrid. Noch am Mittag hatte Allofs ein neues Angebot des spanischen Rekordmeisters dementiert. Angeblich, so ist aus Spanien zu hören, ist Allofs dann aber bei einer nachgebesserten Offerte von maximal 15 Millionen Euro schwach geworden. Der 21 Jahre alte Özil soll in Madrid einen Sechsjahresvertrag erhalten und dafür jedes Jahr etwa fünf Millionen Euro verdienen.

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"Wir respektieren damit Mesuts Wunsch, schon jetzt den nächsten Schritt in seiner Karriere zu gehen", sagte Allofs. Wenn die die Bremer an diesem Mittwoch im Weserstadion nun ohne ihren bisherigen Spielmacherin der Qualifikation zur Champions League gegen Sampdoria Genua einsteigen (20.45 Uhr, live bei Sat.1 und Sky), wird Özil in Madrid den medizinischen Check absolvieren. Während Werder den Transfer offiziell besiegelte, wurde Özil auch auf der Homepage der "Königlichen" bereits als neue Personal-Trophäe präsentiert. Neben das Kommunique stellte Real ein Porträt des Neuen, der als "germanischer Mittelfeldspieler mit viel Talent, hoher Qualität und vielversprechender Zukunft" vorgestellt wurde.

Gut zweieinhalb Jahre spielte der als Kind türkischer Eltern im Ruhrgebiet aufgewachsene frühere Schalker für Werder, erzielte in der Bundesliga in 71 Spielen zwöf Tore und gewann 2009 den DFB-Pokal. Bei der WM wurde der inzwischen 17-malige Nationalspieler zu einem der zehn besten Profi des Turniers gewählt. Klaus Allofs hätte gern mehr verdient an dem Verkauf des Hochtalentierten, doch die Werder-Führung hatte wohl spätestens dann ein Einsehen, als sie von der grundsätzlichen Einigung der Özil-Seite mit Real erfahren hatte. Nämlich davon, dass er ohne Freigabe von Bremen eben im nächsten Jahr - dann wäre er mit Ende seines Vertrages ablösefrei gewesen - nach Madrid gezogen wäre.

Diese Vereinbarung hat jedenfalls Özils Vater Mustafa gegenüber der türkischen Zeitung Hürriyet ausgeplaudert. Man habe sich im Haus von Real-Präsident Florentino Perez in freundschaftlicher Atmosphäre getroffen und sei übereingekommen, dass Mesut im Notfall eben ein Jahr später komme, wenn sich die Bremer querstellen sollten. Zudem verriet Mustafa Özil, man habe unlängst ein sehr gutes Angebot von Inter Mailand abgelehnt, weil Sohn Mesut lieber für Real spielen wollte.

Özil ist nach Sami Khedira aktuell der zweite Deutsche, der künftig für Real spielt. Für DFB-Sportdirektor Matthias Sammer "spricht das auch für unsere Nachwuchsentwicklung". Sowohl Khedira als auch Özil seien in der Lage, sich durchzusetzen, prophezeit Sammer. Auch Bundestrainer Joachim Löw sagte unlängst: "Mesut Özil ist aufgrund seiner fußballerischen Qualität sicher in der Lage, auch bei einem großen Verein zu spielen."

Die nächste 15-Millionen-Euro-Frage

Für den SV Werder Bremen geht es in diesen Tagen um noch mehr Geld. Im Spiel gegen Genua geht es in etwa um die gleiche Summe wie bei dem Klubwechsel des Nationalspielers. Bei diesem ersten internationalen Spitzenduell dieser Saison zwischen einem deutschen und einem italienischen Team geht es um circa 15 Millionen Euro, die als Einnahme-Garantie für alle Teilnehmer an der Champions League ausgeschüttet wird. Es entscheidet sich damit auch, ob Werder seiner zuletzt unbeständigen Mannschaft außer einem möglichen Ersatz für Özil noch teure Qualität zufügen kann.

Sampdoria, vergangene Spielzeit Tabellenvierter in Italien und noch nie gegen eine deutsche Elf ausgeschieden, ist wohl die höchste Hürde, die das Los zu bieten hatte. "Ein richtig schwerer Brocken", meinte Nationalspieler Per Mertesacker, über dessen Wechselabsichten ja auch schon spekuliert wurde, ehe er kürzlich - zumindest für diesen Sommer - erklärte, er werde bei Werder bleiben.

Ob Allofs aber gepokert hat, als er damit drohte, er werde Özil gegen Genua spielen lassen, wenn bis Anpfiff keine Einigung erzielt sei, ist fraglich. Immerhin hätten die Bremer mit Özil eine bessere Chance gehabt, die Italiener zu besiegen. Was, siehe oben, auch 15 Millionen bringen würde. Andererseits wäre Özils Marktwert drastisch gesunken, weil er dann in diesem Jahr nicht mehr spielberechtigt gewesen wäre für Real, seinen neuen Klub in der Champions League.

© SZ vom 18.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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