Fußball-Transfers:Auf der Ersatzbank den Martkwert erhöht

EURO 2016 - Group F Iceland vs Hungary

Hat kaum gespielt in Everton, aber plötzlich ist der Isländer Gylfi Sigurdsson (links, hier bei der EM 2016) 50 Millionen Euro wert.

(Foto: dpa)
  • Nicht nur die Marktwerte der Spitzenspieler steigen unaufhaltsam - sogar Profis wie der frühere Hoffenheimer Gylfi Sigurdsson wechseln für 50 Millionen.
  • Auch auf der Ersatzbank können Spieler nun ihren Wert steigern: Tottenhams Kevin Wimmer etwa oder der Dortmunder Emre Mor.
  • Ausgerechnet der HSV bildet eine Ausnahme und hat das Sparen entdeckt.

Von Martin Schneider

Als der Fußballer Kevin Wimmer noch beim 1. FC Köln in der Abwehr spielte, benutzte man zur Beschreibung seines Spiels gern die gleichen Adjektive, mit denen auch Bausparverträge beworben werden: sicher, zuverlässig, mit Zukunft. Weil das für einen Verteidiger keine schlechten Eigenschaften sind, kaufte ihn 2015 Tottenham Hotspur für sechs Millionen Euro, das war immerhin die dritthöchste Summe, die Köln je für einen Spieler erhielt. So weit, so normal.

Kevin Wimmer kam dann bei Tottenham nicht richtig zurecht, in zwei Jahren machte er nur 15 Premier-League-Spiele, also war er in diesem Sommer ein Kandidat für einen Vereinswechsel. Und was kostet ein Abwehrspieler, der zwei Jahre lang kaum gespielt hat und ehemals sechs Millionen Euro wert war? Richtig: 19 Millionen Euro. Klingt völlig absurd, aber so viel bezahlt Stoke City nach eigenen Angaben wirklich für den Ex-Kölner. Und Wimmer ist - was diese Logik angeht - kein Einzelfall.

Das Ablösepaket für Keita wirkt fast vernünftig

Dieser verrückte Transfersommer führt ja dazu, dass neben den astronomischen Wahnsinnssummen für Neymar (222 Millionen) und Dembélé (105 Millionen plus Bonus) schon die mittleren Wahnsinnssummen untergehen. Nur Experten haben zum Beispiel mitgekriegt, dass der Ex-Hoffenheimer Gylfi Sigurdsson für fast 50 Millionen von Swansea zum FC Everton gewechselt ist. Plötzlich gewinnen auch Spieler an Wert, die kaum gespielt haben.

Emre Mor kam vergangene Saison für 9,5 Millionen Euro aus Dänemark zu Borussia Dortmund, spielte zwölf Bundesligaspiele (ein Tor) und ist nun Celta Vigo 13 Millionen Euro wert; der BVB bestätigte den Wechsel am Dienstag. RB Leipzig holte vor einem Jahr den Stürmer Oliver Burke für angeblich 15 Millionen von Nottingham Forrest. Der Schotte stand in der vergangenen Saison vier Mal in der Startelf, spielte nie über 90 Minuten, trotzdem soll - so schreibt das Magazin Kicker - der englische Klub West Bromwich Albion nun bereit sein, etwas mehr als 15 Millionen für den Edelreservisten zu zahlen.

Da wirkt es fast vernünftig, dass ein Leistungsträger wie Naby Keita, den Leipzig dereinst für 15 Millionen Euro aus Salzburg holte, nun für ein Ablösepaket von 70 Millionen zum FC Liverpool wechselt. Allerdings erst im kommenden Sommer, das bestätigten beide Vereine am Dienstag.

Ein "zu teuer" scheint es nicht mehr zu geben - außer beim Hamburger SV. Sportchef Jens Todt verkündete per Hamburger Morgenpost, dass der geplante Transfer des Augsburgers Konstantinos Stafylidis wohl nicht klappen wird, weil er "wirtschaftlich nicht darstellbar ist". Man kennt das: Man will sich einen neuen Fernseher kaufen, aber es ist wirtschaftlich einfach nicht darstellbar. Vielleicht ist es jedoch ein gutes Zeichen, wenn ausgerechnet der HSV das Sparen entdeckt. In den vergangenen zehn Jahren haben nämlich nur Bayern, Leipzig und Wolfsburg in Deutschland mehr Transferverluste angehäuft als die Hamburger.

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