Fußball:Die Fans wurden genug geschröpft

VfB Stuttgart - Borussia Dortmund

Die Dortmunder Fans protestieren beim Pokalspiel gegen Stuttgart gegen die erhöhten Ticketpreise.

(Foto: Marijan Murat/dpa)

Acht Milliarden Euro verdient die Premier League in den kommenden drei Jahren. Trotzdem erhöht Liverpool nun die Ticketpreise. Es reicht.

Kommentar von Klaus Hoeltzenbein

Es soll jetzt nicht bis zum letzten Penny gerechnet werden. Es genügt, wenn viele Fans, die sich den Stadionbesuch bislang nicht abgewöhnen konnten, nun das Gefühl haben, sie würden geschröpft. Ein solches Grundgefühl gibt es schon länger, nicht nur in England, doch nun kursiert dort diese unglaubliche Zahl, die die Premier League in der Vorwoche bestätigt hat. Eine Zahl, die lange jenseits der Vorstellungskraft der Laufkundschaft des Fußballs lag: Acht Milliarden Pfund!

So viel wird die Premier League, der lukrativste Unterhaltungsbetrieb des Weltsports, zwischen Sommer 2016 und Sommer 2019 allein für die Fernsehrechte im In- und Ausland einstreichen.

Wer diese Summe in den Währungsrechner auf dem Computer eingibt, um zu wissen, was das in Euro bedeutet, bekam am Dienstag folgenden Wert ausgewiesen: 10,379 Milliarden Euro. Das Problem: Es genügt nicht, diese Milliarden zu haben. Man muss sie auch ausgeben können. Wohin sie fließen werden? Zum einen in die Beine neuen Personals, zum anderen Penny für Penny in die Taschen der Makler und Berater - dem Neuen Markt werden die 20 Klubs der Premier League als Durchlauferhitzer dienen.

"Enough is enough" sangen Barbra Streisand und Donna Summer in einem der ersten Disco-Hits Ende der Siebzigerjahre. Vier Jahrzehnte später könnte dieses "Genug ist genug" zum Refrain eines wachsenden Fan-Protestes werden. Nicht nur in England, wo die Stadion- Pilger bislang eher demütig die ständigen Preis-Erhöhungen hinnahmen. Auch in Deutschland, wo am Dienstagabend die Anhänger von Borussia Dortmund mit weiteren Aktionen reagierten: Den vom VfB Stuttgart erhobenen Topspiel-Zuschlag fürs Pokal-Viertelfinale quittierten sie per Stimmungsboykott für die ersten 20 Minuten - später flogen gelbe Tennisbälle auf den Rasen.

Dass Tausende Fans des FC Liverpool am Sonntag aus Protest schon in der 77. Spielminute gegangen waren, ist auf einen gravierenden Marketingfehler zurückzuführen. Justament in jenen Tagen, in denen die acht TV-Milliarden bestätigt wurden, verkündete Liverpool eine Preiserhöhung. Die Fans kalkulieren jetzt offenbar schärfer: Die Klubs kriegen so viel Geld - warum nehmen sie uns dann noch mehr ab? Warum noch mehr zahlen dafür, der Premier League als Kulisse dienen zu dürfen? Als bunte Kulisse, ohne die das Konzept der globalen Unterhaltung gar nicht funktioniert.

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